G. S I N W ) E W PROBLEME DER DEUTSCHEN REVOLUTION ■BHHHNHIHHHMHHHHi VERLAQ CARL HOYM NACHF. LOUIS CAHNBLEY — HAMBURG 8 q. S I N O W J B w PROBLEME DER DEUTSCHEN REVOLUTION I 9' 2 3 VERLAG CARL HOYM NACHF. LOUB, CAHNBLEY HAMBURG 8 BI 114/266632+01 Feltrinelli Reprint In collaborazione con la Biblioteca dell'htituto G. G. Feltrinelli 1967 / ■ y - T -' - it a:m - .' -■ ■■'' '■■>. '. ; •'■'' Litogr:.yfia D. Cislaghi - Rozzano - Milano Vorwort zur deutschen Ausgahe, In dem Augenblick, da diese Zeilen geschrieben werden, machi die revolutionare Bewegung in Deutsch- land neue SchwierigkeUen durch. Die Herren Sozial- demokraten fiihlen sich als Sieger. Im revoluiion&ren Lager herrscht hier und da Verwirrung. Aber es ware die grojite Charakterlosigkeii, ah- l&piich der zeitweiligen Mifierfolge in ¥erzu<;iflung zu geraten. Der Weg der deutschen proletarischen Revolution ist wahrhaftig nichf mit Rosen hestreut. Dem deutschen Proletariat stekt ein auj3 er.st klu- g er Gegner in Gestalt der deutschen Bourgeoisie gegenuber, die vortrefflich organisiert ist und mit grofiter Geschicklichkeit wmnovrieri. Ein noch ge- fahrlicherer Gegner ist fur das Proletariat die deutsche Sozialdemokratie, die, man mufi ihr in dieser Einsicht Gerechtigkeit imderfahren lassen, eine unerhorte Elastizitdt und Anpassungsfahigkeit an den Tag legt, indem sie bald ihren. rechten, bald ihren „linken u Flugel, bald ihr , } Zentrum" vorschiebt, heute in die biirgerliche Regierung eintritt, morgen aus derselben wieder austritt und die Komodie der ^Opposition 1 ' spielt, indem sie heute fast „r evolutionary" Resolutio- nen fafit, morgen als die zuverlassigste Truppe der Konterrevolution auftritt. Es ist nicht leicht, gegen einen solchen Gegner zu kampfen. Emzelne Nieder- lagen sind linvermeidlich, aher gera$e durch diese wird das deutsche Proletariat gestahlt werden und seinen endgultigen Sieg vorbereiten. Aus Hamburg, wo die Arbeiter mil prachlvoliem Heroismus kampflen, wird uns mitgeteilt: „Die Polizei wiitet natilrlich unumschrankt, aber weder die Or- ganisation, noch die Arbeiterklasse hat das Gefilhl, daft sie geschlagen ware." Dessen ist sich auch die Bourgeoisie bewufit. Die heutige Nummer der Zei- tung des Herrn Cuno bringt einen Artikel unter der charakteristischen Vberschrift: „Nach dem Siege schnalle man den Giirtel fester!" GewifS. Noch einige solche „Siege", und die Ar- beiterklasse vrird die Bourgeoisie vollstandig schlagen. Die Losung des „F 'ester •schnallens des Gurtels" wird auch fiir uns die richlige sein. Die objektiven Ursachen, die die revolutionare Krise in: Deutschland hervorriefen, wirken weiter. Weder Kahr, noch General Miiller, weder Hitler, noch sogar Stresemann „selbsl" werden diese objektiven Ursachen beseiligen konnen. Die okonomische Krise spitzt sich von Tag zu Tag mehr zu. Die Bourgeoisie kann nicht regieren. Die inneren Gegensatze spitzen sich ebenfalls zu. Die international Lag e des biirger- lichen Deutschland aber wird nicht nur nicht besser, sondern verschlimmert sich mit grower Geschwin- digkeit. „Man schnalle den Giirtel fester," d. h. — Ar- beiter, bewaffne dich und verbessere deine Organi- sation. Das ist die Parole unserer Tage. Wenn wir in der kiirzesten Weise die Aufgaben formulieren sollten, die sich vor dem deutschen Pro- letariat in der gegenwcirtigen Epoche erheben, so war- den wir sagert$ dafi dieser Aufgaben zwei sind: 1. den IV Einfluji der „linken" Sozialdemokratie zu liquidieren und 2. „die Revolution zu organisieren". Wir wollen uns deutlicher ausdrucken. Einige Genossen sind der Ansicht, dafi die Taktik der KPD. in Sachsen ein Fehler war. „Sachsen ist ein ■ grojier und vielleichi verhangnisvoller Fehler", schreibt uns einer von den alien Genossen aus Deutschland. Ist diese Diagnose richtig? Nein. Jene, die die ganze Lage in Deutschland aus- schliefilich durch die sachsische Brille betrachteten, verfielen selbstverstandlich in Provinzialismus und entstellten die Perspektive. Immerhin aber war das sachsische Experiment kein zufalliges, und es wird fur die deutsche Revolution nicht verloren sein. Die Aufgabe aller Aufgaben in Deutschland lauft letzten Endes darauf hinaus, jene Arbeiterschichten — die Parteilosen mil einbegriffen — auf unsere Seite zu bringen, die noch den „linken" Sozialdemokraten fol-' gen. Gegenwartig geniejit die sogenannte „linke" So- zialdemokratie zweifellos noch einen bedeutenden Ein- flu/5 unter den deutschen Arbeitern. Die heutige „Linke" spielt etwa dieselbe Rolle, wie sie in den Jahren 1919J20 die Unabhangigen spielten. Wie an einen rettenden Anker klammern sich an die heutigen „linken" Sozialdemokraten alle jene Schichten des Proletariats, die immer noch den blutigen Burgerkrieg vermeiden zu konnen hoffen. Und diese Arbeiter- schichten wiirden uns Kommunisten die Verantwor- tung zuschieben, wenn wir uns weigem wiirden, zu- sammen mit den „linken" Sozialdemokraten das Land auf friedlichem Wege aus der Krise herauszufiihren. Die Bedeutung des sachsischen Versuches besteht ja. V gerade darin, dap die erwahnten Arbeiterschichten an. seinem Beispiel die Citarakterlosigkeit und konter- revolutionare Schabigkeit dieser „Unken" sozialdenw- kratischen ArbeiterfUhrer werden erkennen mUssen. Den lUusionen hmsichtlich der MGglichkeit eines langen und dauerhaften Bundnisses mil den „Unken" Sozialdemokraten mufi em Ende gemacht werden. Eine solche „linke" Gattung giht es in Deutschland „unter den Fuhrern" nicht. Es gibt Sozialdemokraten, die unier bestimmten Umstanden zu parlamentarischen KombinaMonen mit den Kommunisten bereii sind, aher es gibt keine sozialdemokratischen FUhrer, die zu einem entschiedenen Kampj gegen die Bourgeoisie bs- reU waren. Wir vrissen nieht und niemand kann wissen/wie lange das Intermezzo dauem wird, das durch das gegenw&rtige KrGffeverhaltnis geschaffen wird, aber der Schwerpiinkt der ganzen poliUschen Arbeit der KPD. beruht, solange die heutige Lage fortdauert, darin, moglichst schnell und mSglichst radikal den Einflup der Jinken" Sozialdemokratie zu liquidieren. Das ist gegenwartig eine der wichtigsten, vielleickt die wichtigste politische Voraussetzung unseres Sieges. Die andere Aufgabe besteht darin, die Revolution zu „organisieren". Wir werden diesen Ausdruck sofort n&her er- lautern. Schon am Vorabend der Revolution von 1905, als eben erst die Streitigkeiten zwischen den Bolschewiki und Menschewiki in Rufiland begannen, stellten beide Fraktionen zwei kurze, lapidare Formeln auf, die die Taktik jedev dieser Fraktionen am besten charakteri- YL sierten. Die revolutionarsien der damaligen Mensche- wiki (Martow) stellten die Formel auf: „Die Revo- lution entfesseln". Die Bolsehewiki, mit Lenin an der Spitze, stellten dieser Formel die Formel: „Die Re- volution organisieren" entgegen. Und je mehr sich der Auf stand des Jahres 1905 n&herte, desto zu- versichtlicher ertpnte diese Forderung der Bolsehewiki — „die Revolution organisieren". Und im Jahre 1917 gedachten wir dieser Formel „die Revolution ,o r g a - nisier en" um so ha'ufiger, je mehr wir uns dem Oktober naherten. Es mangelte selbstverstandlich nieht an gegen uns gerichteten Beschuldigungen des Blanquisinus, Putschismus usw. Aber wir iiberliefien es den Men- sehewiki, zu sagen, was ihnen beliebte, wahrend wir selbst das taten, was wir. fUr notwendig hielten. Wenn ihr nicht mujiig von der Revolution schwatzt, wenn eure Worte von der „Entfesselung" der Revolution nicht nur Worte sind, so mufti ihr mit uns zusammsn gerade zur Or g anisierun g der Revolution ubergehen, sagien wir zu den Menschewiki. Revolution und Auf stand sind keine Synonyme. Der Auf stand ist nur ein Teil der Revolution, jedoch ein nicht unwichtiger, ein fur sie entscheidender Teil. Wer den Sieg der Revolution will, mufi den Sieg des Aufstandes wollen. Wer aber diesen letzteren will, der rnufi es verstehen, diesen Auf stand zu organi- sieren. Selbstverstiindlich kann keinerlei Organisation die objektiven Krafte ersetzen, die fur die Revolution arbeiten, wenn nicht die ganze Situation eine revolu- tionare ist. Wenn das ganze Klassenverhaltnis nicht mit Unvermeidlichkeit zur revolutionary Krise filhrt, YII wird keine Organisation von Revolutionaren die Re- volution „machen" konnen. Wenn aber alle objek- tiven Voraussetzungen der Revolution vorhanden sind, wenn das gegenseitige Verhaltnis der Klassen, wenn die 6'konomische Lage innerhalb des Landes, wenn die anderen wichtigen Faktoren def inner en und iiuperen Politik filr die Revolution arbeiten, so isi die organisatorische Vorbereitung des Aufstandes von entscheidender Bedeutung. Die deutsche Revolution ist in dieser Hinsicht in die entscheidende Phase eingetreten. Die Lichter sind niedergebrannt, und die Blumen sind verwelkt. Alle Illusionen sind, erbarmungslos zerstort. Die Frage des Sieges des Proletariats ist zu einer Frage der B e waff nun g und Organisation geworden. Unter den Millionen-Massen der Arbeiter ist das brennende Bediirfnis naeh Bewaffnung erwacht. Alle Mittelwege wurden bereits gegangen, alle Kompro- misse erprobt, die ganze weifie Magie der rechten und „linken u Sozialdemokraten, alle parlamentarisshen Zauberkilnste ausprobiert, und das Resultai ist: Hun- gersnot, Strome von Blut und Orgien des Faschismus. Die Revolution or g anisier en — das • ist es, worauf die KPD die Aufmerksamkeit der Avanigarde der Arbeiterklasse lenken mu§, das ist es, wofiir sie alle die Zeit verwenden mufi, die ihr noeh Ms zu den entscheidenden Schlachten zur Verf&gung bleibt. Die Losung „G en er alstr eik" ist ausgegeben worden. Deutschland geht diesem Generalstreik mit Unvermeidlichkeit entgegen. Die Losung der E inheit von unten her - auf , d. h. der Einheit aller Arbeiter g e g e n die konterrevolutionaren Fiihrer, ist ausgegeben warden. Yin Deuischland geht mil Unvermeidlichkeit dieser Ein- heit von unten herauf entgegen. Selbstverstandlich werden~~gewisse Telle der Ar- beiter trotzdem neutral oder bis zum letzten Augen- blick schwankend bleiben. Die Kraftekonstellation wird im entscheidenden Augenblick wahrscheinlich folgende sein: die kommunistische Avantgarde reifit die Mehrheit oder fast die Mehrheit der entscheidenden Arbeiterschichten mii sieh foft. Ein Teil der iibrigen Arbeiter wahrt wohlwollende Neutralitat in bezug auf die Kommunisten, der andere Teil schwankt. Die rechten Fiihrer der Sozialdemokratie stehen zusam- men rait der Bourgeoisie und den weifien Generalen auf einer Seite der Barrikade, die „linken" Fiihrer pendeln zwischen den zwei Feuerlinien hin und her. Bereits der weifie Umsiurz in Bayern bedeutete, daft die Initiative zeitweilig in die Hande des Gegners iibergeht. Das bedeutet ja aber, dafi unter der gegen- wartigen Lage der Dinge in Deuischland der Gegner uns in die Hande arbeiten wird.^ Der General Mailer wird vielleicht \enen Teil der s&chsischen Arbeiter, der noch dem „linken" Sozialdemokraten Zeigner folgte, eher von den friedlichen Illusionen heilen. Die Ereignisse jagen einander mit schwindel- erregender Schnelligkeit. Die Aufgaben, die sick auf die Schultern der Avantgarde des deutschen Proleta- riats und seiner kommunistischen Partei legen, sind wahrhaft riesengrofl. Es hat einzelne Niederlagen gegeben und wird sie noch geben. Vorl&ufig haben unsere Arbeiter noch keine Kampfe gegen die Reichs- icehr zu be stehen gehabt. Aber unsere Hauptstreit- krafte haben sich noch nicht ah den Kampfen be- in teiligt. Die Hauptarmeen des Proletariats sind noch nicht in den Kampf gefuhrt worden. Das Schlimmste, was wir tun konnten, ware, dern Norgeln und inner en Zwistigkeiten Raum zu geben. Noch niemals waren diese Streitigkeiten so schadlich und verbrecherisch wie gegenwartig. Fehler sind unvermeidlich. Wenn urir aber keine sehr groflen Fehler begehen werden, so wird sich das Kr&fteverhaltnis von Tag zu Tag zu unseren Gunsten verdndern. Die Hauptperspektive, die in unserer, in der zweiten Oktoberh&lfte geschriebenen Broschiire skiz- ziert ist, behalf, hoffen wir, ihre Richtigkeit. Unbeugsamer Wille zum Kampf, UnerschiXtter- lichkeil des Entschlusses, Festigkeit der Hand und Klarheit des Blickes — das ist es, was die Avantgarde des deutschen Proletariats im gegenwartigen Augen- hlick braucht. Die „linke" Sozialdemokraiie wird bald politisch geschlagen sein. Die KPD wird mit Unterstiitzung aller lebendigen Kr&fte des deutschen Proletariats lernen, die Revolution zu „organisieren". Die Stunde wird schlagen, und es werden Ereignisse eintreten, die historisch unvermeidlich sind. Es gibt keine Macht in der Welt, die das Schicksal der deutschen Bour- geoisie von ihr abwenden konnte. Niemand wird unseren Hdnden den Sieg ent- reifien. .... M o sk an . den 2. November 1923. G. Sinowjew. X Inhalt. Saite Vorwott znt SeotBehen Aasgabe .......... Ill L Dec klassiseb proietarische Charakter der konsmeadeffl Bevclctioa m Deoiscbiaod 1 IL Die schiane Legends tobs Bfindais dor Konrcmnnisten mit den. Nationalist® IS HZ. Die Arbeiterklaese, die Koaannaiatea, die Sozial- demokraten 24 TV. Die GewerkschaSea, die Betriebskomitees, die Arbeiterrate 37 V. Die inneren Schwierigkeiten der deutschea Revolution 48 VL Die auBenpolitischen Schwierigkeiten in der deutschea Revolution ... 57 VII. Das Heranaahen der deutschea Revolutioa und die Taktik der Einheitsfront 67 VIII. Arbeiter- aad Bauernregierung. Diktatur dea Prole- tariats .... 77 IX. Die deutsche Revolution und die rasaische Gegea- revolution 88 X. Seine Iliusionen .............. 97 Nachwori 105 I. Der klassisch 'proletarische.Charakter der kommeffideu Revolution in Deutscbland. Die Ereignisse in Deutscbland entwiokeln sicb mit der Unerbittlicbkeit des Sebicksals. Der Weg, fur den die russiscbe Revolution zwolf Jahrebrauchte, von 1906 "bis 1917, wurde von der deutscben Revolu- tion in fiinf Jabren zuriiekgelegt, von 1918 bis 1923. Wahrend der letzten Tage ubensturzten sicb die Er- eignisse besonders. Erst die „Koalition", dann die „grofie Koalition", darauf die „Kornilowiade" (die Ereignisse in Bayern!), das Ministerium der „ Manner vom Faoh", die personlieben Kandidaturen (in der Art unserer Kisebkin und Burisenkin), dann wieder- um eine beinahe „groBe Koalition" — mit einein Wort: Kabinettswirren obne Ende. So sieht es „oben" arts. Aber „imten" in den tiefsten Volksmassen, da gart die Unzufriedenbeit, da beginnt der Kampf, der in sebr kurzer Zeit das Sobicksal DeutscbJands ent- scheiden wird. Die proletarisobe Revolution pocht an die Tore Deutsehlands. Nur ein Blinder siebt das nicht. Die nahenden Ereignisse werden von welthisto- rischer Bedeutung sein. Noeh eine kurze Sparine Zeit, und jedem wird es klar werden, dafi die Herbst- monate des Jalires 1923 nicht nur in der Geschichte Deutschiands, sondern durch diese auoii fur die ge- samte Menschheit einen Wendepunkt bedeuteten. Mit zitterader Hand wendet das deutsohe Proletariat die wichtigste Seite in der Geschichte des Weltkampfes der Arbeiterklasse um. Die Stunde schlagt. Ein neues Kapitel in der Geschichte dex proletarisohen Weltrevolution hat begonnen. Welcher Art wird der soziale Inhalt der nahen- den deutsehen Revolution sein? Welcbe Klasse win! ihr Haupttrager, ihr Fuhrer sein? Wolien wir zu- nachst die soziale Zusanimensetzung der Bevblkerung Deutschlands untersuchen. Der erwaehsene Teil der 59,4 Millionen zahlenden Gesamtbevolkerung Deutsch- lands verteilte sich 1920 foigendermafien: Land- und Forstwirtschaft . . . . 9 825 000 Industrie und Bergbau ...... 14570000 Handel, Verkehr und Gastwirtschaft 5000 000 Personliche Dienste 330 000 Offentliche Dienste und freie Berufe .. 2 440000 Berufslose . . . . . . . . ■ . 1 700 000 Insgesamt 33 865000*) *) Die obigen Daten sind dem Ton der Kommnnistischen Internationale fur das Jahr 1922/23 herausgegebenen ,,J hr- buch fur Wirtschaft, Politik und Arbeiterbewegung" (Veruig der „Konmranistischen Internationale", Hamburg, S. 618 und 614) entnommen. In demselben Jahrbuch finden wir in dem Artikel des Genossen E. Yarga „Die~ Klassengliederung in den kapitalistischen Staaten" folgende Daten liber Deutsih- land : Herrsehende Klasse Halbproletarier Arbeiter und An- gestellte, Proletarier 4 400 000 8 500 000 26 000 000 Die sogenannten „Selbstandigen", d. h". ein be- deutender Teil der Besitzenden, sind der Gruppe der „Berufslosen" oder „Besoliaftiguii;gslosen" zugezahlt worden. Das Bild wird noch klarer, weim wir die Daten anfiihren, die die Klassengliederung der Bevolkerung innerhalb einer jeden der oben angefiihrten Gnippen sehildern. Die f olgecde Tabelle durehleuchtet wie mit Die ietzte offizielle Betriebszahlung in Deutschland war im Jahre 1907. Diese Zahlung ergab folgende Daten: Gesamtbevolkerung Deutschlands 55 765 460 Davon waren: In Handel and Industrie tatig 26 176 168 Berufslos 3 404 983 Die in der Produktion Beschaftigten bestanden ihrerseits aus: • Selbstandig Tiitigen 5 801 365 Arbeitern 14 250 932 ihren Familienmitgliedern, die sich an der Produktion be- teiligen 4 287 883 Dienstboten 1042129 insgesamt proletarische Bevolkerung ...... 19 581 094 Angestellte .• .' 1 588 168 Da seit dem Jahre 1907 die Bevolkerung Deutschlands um 10 Prozent zugenommen hat und der ProzeB der Kon- zentrienmg des Kapitals und der Proletarisierung der miti- leren Bevolkerungsschichten in ' ziemlich schnellem Tempo weitergegangen ist, so durften die im Jahrbuch angefiihrten Daten der Wirklichkeit sebr nahe kommen. Wir wollen noch binzufugen, daB in den Daten des Jahr- buchs zu jeder Gruppe auch die „an der Produktion beteiligten Familienmitglieder" zugezahlt sind; auBerdem haben diese Daten das ganze Deutschland im Auge, die von den Franzosen besetzten Gebiete mit eingerechnet. JtiSntgenstrablen das soziale Knochengeriist des lieu- iigen Deutsebland.- | Selb- Halb- 1 st&ndige prolat&rier An- gestellte Arbeiter Landwirtschaft . . 1 180 750 Industrie 1 560 000 Handel 500 000 Personliehe Dienste J — Freie Berufe .... 500 000 Berufslose j 1700 000 1 275 500 1 200 000 1000 000 196 500 1020 000 1 000 000 1000 000 7172000 11800000 2 500000 880000 950000 zusammen f 4 430 750 1 ! 8 475 500 8 216 500 22 750000 Also 4?fa Millionen „Selbstandige", 3V 2 Millionen Halbproletarier, 3% Millionen Angestellte und 22% Millionen Arbeiter. Die Zahl der Arbeiter betragt sogar ohne die Angestellten und das balbproletari- scbe Element zweimal mehr, als alle die ubrigen Sebichten zusammengenommen. In der Industrie haben wir: x h Million Unternebmer, 12 Millionen Ar- beiter, iiber 1 Million Angestellte und 1% Millionen Personen, die balb Proletarier, balb Unternebmer sind. In der Landwirtschaft: iiber 7 Millionen Ar- beiter, l 1 /^ Million Gutsbesitzer und Grofiwirte, V/ 4 Million Halbproletarier, 200000 Angestellte. Im Handel: % Milbon Unternebmer, 3% Millionen Ar- beiter und Angestellte, 1 Million Halbproletarier. In den freien Berufen: % Million Selbstandige, 2 Millionen Arbeiter und Angestellte. Die soziale Basis der kommenden Revolution liegt sonnenklar vor uns: in den Stadten ein absolutes T/bergewiebt der Arbeiter. Docb ist bis jetzt die Ar- beiterklasse Deutsehlands mehr oder weniger der gegenrevolutioaarea deutsehen Sozialdemokratie ge- folgt. Solange diese RiesenMasse auf der Suche nach einer ,.iriedliehen Losung" herumtappte, der Revolu- tion auszuweiehen und sieh ohne Biirgerkrieg ein Stiick Brot zu sichern suchte, solanige konnte die Bourgeoisie ruing sein. Der Kernpunkt der gegen- wartigen Lage besteht darin, daB jetzt die Stunde ge- kommen ist, wo diese RiesenMasse sieh davon iiber- zeugt, dafi die Geschichte nicht uberlistet werden kann, dafi es keinen anderen Weg zur Rettung des Landes und der Arbeiterklasse gibt, als den Weg der Revolution. Von dem Augenbliek an, wo die Arbei- . terklasse Deutschlands der Sozialdemokratie den Riicken kehrt, um sieh den Kommunisten zuzuwen- den, ist das Schicksal Deutschlands entschieden. Ein kleiner Aufschub ist moglich. Auch einige Varianten in der kalendarischen Reihenfolge der nahenden Er- eignisse sind nicht ausgesehlossen, aber doeb nur in sehr minimalen Grenzen. 7 Millionen landwirtschaft- lieher Ai-beiter werden dem Gang der nahenden ent- seheidenden Ereignisse auoh im deutsehen Dorfe ihren unausloschlichen Stempel aufdrueken. Als in- foige des Widerstandes der Gutsbesitzer und Grofi- bauern die Proletarierrevolution in Rufiland genotigt war, gegen diese Elemente einen regelreehten Krieg zu fiihren, da blieb der russischen Revolution nichts anderes iibrig, als die stadtischen Proletarier mit Gewehren zu bewaffnen und in die Dorfer zum Kampf gegen die GroBbauem zu schioken. Im besten Falle konnten die aus den Stadten gesandten bewaffneten Arbeitertruppen auf eine kleine Unterstiitzung seitens dor armen Bauern, der ehemaligen Frontsoldaten usw. ;-f>ehnen. In Denitschland wird es aueh in dieser Rich- ttmg i>esser bestellt sein. Aus den Stadten wird man nur proletariscbe Fiibrer aufs Land zu senden brau- cben, wahrend die Hauptarbeit der Unschadlieb- macbung (riebtiger gesagt: dor Ausrottung) der junkerlichen und groBbauerlieben Gegenrevolution auf dem Lande von den landwirtsebaftlicben Arbei- tern selbst besorgt werden wird, die in ibrer Masse, bereits heute mit den Komnmnisten sympatbisieren. Die deutscben Grofibauern, die in Wirklicbkeit Guts- besitzer im Kleinen sind, sind zwar glanzend organi- siert. Sie werden sieh dem proletariscben Element rasend widersetzen. Wer sieh aber in die oben an- gefubrten Zablen vertieft, der kann niebt im Zweifel dariiber sein, auf wessen Seite sieb der Sieg neigen wird. Die kommende deutscbe Revolution wird eine klassisch proletariscbe Revolution sein. 22 Millionen Arbeiter — das ist der Kern des internationalen Pro- letariats, das Grundkapital der Weltrevolution. Rut- land hatte im Jahre 1917, reichlicb gerecbnet, 8—10 Millionen Arbeiter bei einer Bevolkerung von 160 Millionen. Deutschland besitzt mebr als 20 Millionen Arbeiter bei einer Bevolkerung von 60 Millionen. Bei uns war es schlieBlieb doch immer nur eine Handvoll. In Deutscbland dagegen ist es der Kern der Bevolke- rung, ihre Mehrbeit. Die deutscben Arbeiter sind fast alle obne Ausnabme des Lesens und Scbreibens kun- dig. Sie baben eine pracbtvolle Sebule der Organisa- tion durchgemaebt. Sie sind kulturell entwiekelt. Ein groBcr Teil von ihnen bat in den Jabren des imperia- listischen Krieges in der Armee gedient (die deutscbe Armee wies in den Jabren 1914 — 1918 einen sebr groBen Prozentsatz von Arbeitern auf), und darum werden sie die besten Soldaten der Revolution sein. Sie haben bei der Sozialdemokratie eine schwere Sehule durehgemacht, haben dafiir aber auch vieles in ihr gelernt. Die Hauptsaehe jedoeh ist, dafi die deutsche Re- volution eine maehtige industrielle Basis besitzt. Die deutsche Industrie beiindet sicb jetzt allerdings in einer schweren Lage. Deutschland bat Elsafi-Loth- ringen mit seinen grofien Naturreiehtiimern einge- biifit. Deutschland hat einen grofien Teil von Ost- preuBen, Oberschlesien, Memel, Danzig, den nord- lichen Teil von Schleswig, das Saargebiet und sehliefi- licb aucb das Ruhrgebiet verloren. Selbstverstand- lieh ist Deutschland nicht imstande, 123 Milliarden Goldmark Kontribution zu zahlen, die ihm nach dem Versailler Frieden von der Entente auferlegt wurden. Aber die deutsche Industrie sfceht auf einer unge- heuer machtigen Grundlage. In dieser Hinsicht bleibt die Prophezeiung des Genossen Lenin richtig: Europa (vor allem solchen Landern Europas wie Deutscb- land) wird es scbwerer fallen, die proletarische Re- volution zu beginnen, aber leichter, sie foortzusetzen und zu beenden. Das deutsche Proletariat hat so- wohl in der stadtischen Industrie als auch in der Landwirtschaft das quantitative trbergewicht. Nir- gends hat der technisehe Fortsehritt solch ungeheure Errungenschaften aufzuweisen, wie in Deutschland. Nirgends ist der Kern der qualifizierten Arbeiter, die riitiig sind, sich mit Erfolg an die Spitze der sozia- listisehen Wirtseha,ft zu stellen, depart kompakt wie in Deutschland. Das deutsche Proletariat kann — im geschicht- lichen Sinne des Wortes — ;jetzt schon nicht mehr 7 zu i'riih zur Macht gelangen. Das wufite einst ^ogar Kautsky, der bereits im Jahre 1909 in seiner ietzten revolutionaren Schrift „Der Weg zur Macht" darauf himvies. Die objektiven Voraussetzungen zum Siege der deutschen Eevolution sind langsfc vorhandeu. Der Krieg 1914 — 1918 aber nebst allem, was mit dem Kriege und dem Versailler Frieden zusammenhangt, hat die iibrigen Voraussetzungen zum tatsach- licben Sieg der proletarisehen Eevolution in Deutsch- land gescbaffen. ' Die deutsche Eevolution wird eine klassisch pro- letarische Eevolution sein. Das bedeutet jedoch nicht, dafi die librige Bevolkerung Deutscblands eine „ein- zige reaktionare Masse" darstellt. Im Gegenteil. Ein neuer und eigentiimlieher Oharakter der deutschen Revolution wird darin besteben, dafi der kleinburger- lichen Stadtermasse der Beamten, der kieinen und mittleren Angestellten, Kleinhandler usw. eine be- sondere Eolle in ibr vorbebalten ist. Man kann so- gar sagen, dafi die Eolle, die in der russisehen Eevo- lution das vom Krieg ermiidete Bauerntum spielte, bis zu einem gewissen Grade in der deutschen Eevo- lution von den des Zerfalis miiden breiten Massen der stadtischen Kleinbourgeoisie, die durch die Entwick- lung des Kapitalismus an den Band des okonomi- schen Abgrundes gelangt sind, ubernommen worden sind. Diese Scbichten schwanken natiirlich zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie bin und her. Sie werden vielieicht im Verlaufe der Eevolution mebr als einmal auf die Seite der. Gegenrevolution neigen. Aber sie sind aucb niebt die Hauptmacht der Eevolution. Das Proletariat in Stadt und Land bieibt selbstverstandlich der Haupttrager der revolutionarer* idee. Aber dennooh bilden die jetzt mehr zur Seite der Arbeiter neigenden Schichten der stadtischen Kleinboungeoisie augenblicklieh einen bedeutenden Faktor im Krafteverhaltnis. Sie bilden bis zu einem gewissen Grade den Hintergrund des Bildes. Bereits jetzt ist es dean revolution&ren Proletariat in ver- haltnismafiig kurzer Zeit gelungen, teilweise einige Schichten der Kleinbourgeoisie zu neutralisieren, teil- weise aber sogar sich ihren Beistand zu siehern. Be- reits jetzt nimmt ein Teil der Angestellten, der kieinen Be&mten usw. an den illegalen Versammlnngen der von der K. P. D. gefiihrten Betriebsrate teil. Wir wissen, das hat uns Genosse Lenin gelehrt — daB jede groBe Revolution sich in jedem neuen Lande aui eigene Weise entwickelt. Wir wissen, dafi die deutsche Revolution nicht einiach dasselbe wie- derholen kann, was wir wahrend der russisehen Re- volution beobachten konnten, wir wissen, daB sie un- bedingt ihren eigenen Charakter haben wird. Jetzt steht es bereits auBer allem Zweifel, daB einer dieser besonderen Charakterzuge in der Rolle bestehen wird, die die Stimnrung der Kleinbourgeoisie der Stadte in der deutschen Revolution spielen wird. Ein klassisck proletarischer Charakter der Re- volution und dennoch ein gewisses WoMwollen fiir das revolutionare Proletariat seitens der stadtischen Kleinbourgeoisie — wie paBt das zusammen, Liegt hierin nicht ein inner er Widerspruch? Keineswegs. Die Stellung der stadtischen Kleinbourgeosie Deutschlands wird einerseits- dureh. die brutale Poli- tik der Entente bedingt, die alles getan hat, urn diese Bevolkerungsschieht zu erregen und zu erbittern, an- 9 dererseits 1st die Stellung der stadtisehen Kleinbour- geoisie dureh die aufierst besehranfcte Klassenpolitik der deutsehen GroBbourgeoisie bedingt, die, ohne an den morgigen Tag zu denken, durch ihre ganze Poli- tik die zahlreichen Sohichten der stadtisehen Klein - burger an den Rand des okonomischen Abgrundes ge- bracht hat. Als Marxisten wuflten wir bereits friiber theoretiscb, dafl das GroBkapital das stadtische Klein - biirgertum aufreibt, vernicbtet und zu einem groBen Teile proletarisiert Aber besonders ansebaulich ist. das Bild eines derartigen Prozesses im Mafistabe eines groBen Staates, wie wir es jetzt zum erstenmal in Deutschland beobachfcen konnen. Die Verelendung des Kleinbiirgertums schreitet in Deutscbland in einem bisber nocb nie" dagewesenen Tompo vorwarts. Dadnrob wird ein Teil der klein- burgerlichen Intellektuellen veranlaBt, die Arbeiter zu untersttitzen. Eine bedeutende Scbicbt derselben stadtisehen Kleinbourgeoisie, die in RuBland im Jabre 1917 infolge eines Zusammentreffens vieler Umstande lange Zeit hinduroh unser unversohnliehster Gegner und die verlaBlichste Stiitze der sozial-revolutionaren Gegenrevolution "war, ist in Deutscbland teils der- artlg demoralisiert, daB sie bei den nabenden Ereig- nissen iiberhaupt keinen ernstzunehmenden Faktor mebr bilden kann, teils ist sie so gestimmt, dafi sie im entscbeidenden Augenbliok entweder neutral blei- ben oder sogar eieh auf die Seite der Arbeiter stellen wird. Der unerborte finanzielle Bankrott Deutsch- lands bat die stadtische Kleinbourgeoisie scbmerzlicb getroffen. Der Besitzer eines Berliner Zigarren- ladens, der seine Bude schlieBt und ein Plakat d&s Inhalts aufhangt, dafi er infolge der Preissteigerung 10 und des Marksturzcs niebt mehr existieren konne, begibt sich nach der Schliefiung seines Ladens in die Kommunistische Partei. Das ist keine Anekdote, keine blo.Be Metapher, das ist gewissermafien ein Symbol. Bei einer riciitigen Politik kann die Proletarier- regierung in Deutschland sehr wohl der deutschen Revolution einen dauernden und volligen Sieg sichern, denn die Unterstiitzung des deutschen Proletariats plus eines Teiles der stadtisehen Kleinbourgieoisia sichert der Proletarierregiexung die Unterstiitzung der Mehrheit der Bevolkerung im Innern des Landes. Und darin besteht 3a die Hauptbedingung Mr die Be wabrung der Macbt. Die nahende deutsche Revolution wird, wie wir sagten, eine klassisch proletarische Revolution sein. Das schliefit keineswegs aus, sondern setzt im Ge- genteil voraus, dafi das Verbaltnis zur Kleinbour- geoisie voll weiser Voraussicht und Naehgiebigkeit sein mufl. Die deutsche Revolution wird sicb die Lehren der russiscben Revolution zunutze macben und jedenfalls bemiiht sein, ibre Febler nicbt zu wie- derholen. Die proletarische Revolution Deutschlands wird von den ersten Augenblioken des staatlicben Wiederaufbaus an ungeheures Gewiebt auf ein ge- regeltes Verhaltnis zwischen Stadt und Land einer- seits und dem Proletariat und der stadtisehen Klein- bourgeoisie andererseits legen. Die deutsche Prole- tarierrevolution wird wohl kaum zu einer absoluten Nationalisierung des Handels, des Kleingewerbes, einzelner Grundstiicke usw. greifen. Soweit der "Widerstand der kleinen und mittleren Besitzerschich- ten die proletarische Regierung Deutschlands im In- 11 teresse der Verteidigung der Revolution nieht zu auBersten MaBnahmen zwingen "wird, wird diese Re- gierung zweifellos eine richtige, vorsichtige und im hoehsten Grade entgegenkommende Politik hinsioht- lieh dieser Schichten befolgen. Die revoiutionare Re- gierung Deutschlands wird vom ersten Augenblick ihrer Tatigkeit an bemuht sein, hinsichtlich der Kleinbourgeoisie, der Intellektuellen, der Handwer- ker, der kleinan und mittleren Bauern eine Politik zu befolgen, die geeignet ist, die Sympathien des stadti- schen Kleinbiirgertams und der Landbevolkerung fiir die proletarische Regierung Deutsehlands zu festigen. Gerade cms dem Grunde, weil die proletarische Revolution Deutsehlands ein solches Fundament aus Eisenbeton hat; gerade durum, weil die Arbeiterklasse in der deutschen Revolution ein so ungeheures Uber- gewicht haben wird, kann sie sich den Luxus er- lauben, alles zu vermeiden, was die Kleinbourgeoisie brutal von ibr zuruekstoBen miifite. Gerade darum, weil die materiellen Voraussetzungen zur Durch- fiihrung einer ganzen Reihe "wichtigster wirtschaft- licher MaBnahmen sozialistiseher Natur im gegen- wartigen Deutechland in voilem Mafie herangereift sind, wird das deutsehe Proletariat, zum mindesten in der ersten Zeit, nicht genotigt sein, die Lebens- interessen des Kleinbiirgertums der Stadte in rauher Weise zu verletzen. Was fiir Wunder an Tatkraft das kampferprobts, geschulfe, an Organisation gewohnte, zwanzig- miilionenkopfige deutsehe Proletariat verriehten wird, wenn es sich zum entscheidenden Kampf fiir den Sozialismus erhebt, — das lafit sich in diesem Augenblick iiberhaupt noch schwer voraussehen. 12 II. Die scMane Legende vom „BiiiuLnis" der Kommnnisten mit den Nationalisten. Die deutscbe Arbeiterklasse gebt der Macbtep- greifang entgegen. Die einzige im Aufstieg befind- liche politiscbe Partei Deutsehlands, die mit jedein Tage, trotz aller Verfolgungen, waehst and erstarkt, ist die Kommunistiscbe Partei. Alle anderen politi- seben Parteien sind im Niedergang begriffen, sie ver- lieren an EinfluB, sie sterben ab. Ein „angesebener" deutscber Menscbewik (P. Hertz) sebrieb unlangst im „Sozialistiseben Boten": „Da die Sozialdemokratie sogar mit den Kommunisten nur einen Teil der Arbeiterklasse um- fafit, wabrend ein bedeutender Teil der proletariseben Intellektuellen nnd der besitzlosen mittleren btirger- licben Elemente sicb im biirgerliehen Lager befindet, so ist die sozialistisehe Arbeiterbewegung in Deutseb- land auch rein zahlenmaBig nioht imstande, die Macbt zu ergreifen." Diese „tieMnnige" Sentenz ist eines Mensche- wisten wiirdig. Jeder Menscbewik, der sicb halb- wegs aebtet, bat immer Tansend and einen Grand auf Vorrat, die gegen eine Revolution sprechen. Man kann ihm 99 Prozent bei der Sozialdemokratiseben Partei organisierte Leute prasentieren, die das Er- furter Programm und die gesammelten Werke Kauts- kys auswendig konnen, raid er -wird aueb dann noch 13 ibrdern, dafi das eine ubriggebliebene Prozerit durea allgemeine, direkfce und geheime Abstimmung erst feststelle, was die Revolution" eigentlich sei, ob sie im gegenwartigen Augenblick notig und was vorzu- ziehen sei: die Konstituante oder die proletariscbe Diktatur? In Wirkliohkeit haben die 20 Millionen deutscher Proletaries eine mebr ale genugende Schule der Or- ganisation durcbgemacht, um ihre Revolution durch- fiihren zu konnen. Und sie werden sie durchfuhren. Der ganze Sinn der Vorgange innerhalb der Arbeiter- klasse, angefangen bei der Eroberung der Betriebs- rate durch die Kommunisten, bis zu den Wahlen zum Metallarbeiterverbandstag, bis zum Auguststreik dieses Jahres und bis zu alien ubrigen Wendungen des Kampfes besteht darin, daB die Arbeiterklasse Deutschland3 der Kommunistischen Partei die politi- scbe Fiihrung der Bewegung tibertragen hat. Die traurigen Helden der Zweiten Internationale steoken feige die Kopfe in den Sand und tun so, als ob sie diese Grundtatsache nicht bemerkten, die fur die nachste Zeit den ganzen Gang der Weltrevohition bestimmt. Das soil aber keineswegs heiBen, daB die Herren Sozialdemokraten die Hande in den Sehofi legen und sich dem Schicksal fligen. Nein. Der In- ternationale Menschewismus sieht (oder fiihlt) den unabwen-dbaren Sieg des deutschen Proletariats im nahenden Revolutionssturm Und trifft seine Maflnah- men. Und der internationale Menschewismus ersinnt die Legende vom angeblichen „Biindnis" zwischen dem deutschen Kommunismus und dem — Nationalis- mus; nicht mehr und nicht weniger. Je beftiger der KampJ der von der deutschen 14 . . ■ Kommunistischen Partei gefuhrten deutschen Arbei- terklasse entbrennfc, je mehr sieh das deutsche Pro- letariat dem Siege nahert, desto offener tritt die ver- raterische Politik des internationalen Menschewls- mus zutage, desto deutlieher zeigt sieh der teuflische Plan der Fiihrer der Zweiten Internationale gegen die deutsohe Revolution. Ein jeder weiB, daB bereits seit einigen Monaten zwischen dem deutschen Kommunismus und dem Fa- schismus ein bewaffneter Kampf tobt. Es vergebt kaum ein Tag obne unmittelbare bewaffnete Zusam- menstoBe zwiscben Kommunisten und Faschisten, ZusammenstoBe, die nicht nur den Faschisten, son- dern auch den kommunistisehen Arbeitern Dutzende und Hunderte von Menschenleben kosten. Ein jeder weiB, dafl, als im Sommer dieses Jahres die deutscbe Kommunistische Partei, einen allgemeinen Kampf mit dem Faschismus vorausahnend, einen Antifasehisten- tag veranstalten wollte, diese Demonstration von den zur Zweiten Internationale gehorenden deutschen Sozialdemokraten untersagt worden ist. Ein jeder weiB, daB der schwarze Kriegsminister GeBler die rechte Hand des Sozialdemokraten Ebert ist, daB der General Seekt in Wirklichkeit zum Koalitionsblock gehort, in welehem die Fiihrer der Sozialdemokrati- schen Partei sitzen; jeder weiB, daB der nationalisti- sche Umsturz in Bay era in Wirklichkeit das Ergeb- nis der ,,Tatigkeit" der sozialdemokratischen Fiihrer ist, ein jeder weiB, daB bereits seit Jahren zwisehen der S. P. D. und der deutschen nationalistischen Bour- geoisie ein ausgesprochenes Zusammenarbeiten gegen die deutscbe Arbeiterklasse stattfindet. Und nichts- destoweniger briillen die deutschen Sozialdemokraien 15 auf alien Gassen iiber das angebliche Biindnis der Kommunisten mit den Natkmalisten. Und warum das? Die beste Antwort darauf ist die Handlungsweise der Freunde der deutschen Sozialdemokraten, — der franzosischen Sozialchauvinisten. Die franzosischen, mit Verlaub zu sagen „So- zialisten" — die zur Zweiten Internationale gehoren, wissen sehr wohl, wie es auch die Fuhrer der deut- schen Sozialdemokratie wissen, daB der Sieg des deutschen Proletariats und die Errichtung einer pro- letarischen, von den Kommunisten geleiteten Begie- rung in Deutschland nahe und unabwendbar ist. Diese Herrsehaften iegen sieh ganz genau Rechen- schaft dariiber ab, daB die franzosisehe Bourgeoisie mit Poincare an der Spitze den Versuch machen wird, die deutsche proletarische Eevolution mit Waf- fengewalt zu ersticken. Bei alien ihren „Meinungs- versehiedenheiten" mit Poincare betraehten sowohl die deutschen als auch die franzosischen Sozial- demokraten diesen als den Messias, als den kiinftigen Erloser Deutsehlands und ganz Europas vom „Schrecken der bolschewistisehen Diktatur". Urn Poincare die Mogliebkeit zu geben, iin entscheiden- den Augenblick Truppen gegen die deutsche Prole- tarierrevolution zu senden, muB der „Boden" bereits jetzt „vorbereitet" werden; es gilt, das entspreehende .— moralische — Milieu, zu schaffen. Zu diesem Zweck also wird die Legende votn angeblichen Biind- nis der Kommunisten mit den Nationalisten ersonnen. Die franzosischen und die deutschen Sozialdemokra- ten, sowie auch die Fiihrer der Zweiten Internatio- nale wolleu am Tage nach dem Siege des deutschen 16 Proletariats den franzosisohen Soldaten sagen kon- nen: Was jetzt in Deutschland geschieht, das ist keine proletarische Revolution, das ist eine nationa- listische Bewegung, das ist eine Art ungeheuerlicher Kreuzung zwischen Nationalismus und Kommunis- mus; das ist die Vorbereitung zu Revanchekriegen gegen Frankreich usw. Dieselbe verr&terische Rolle, die im Jahre 1914 die Losung von der ..Vaterlands- verteidigung" im knperialistischen Kriege spielte, die soil jetzt die Legende vom angeblichen Biindnis des Kommunismus mit dem Nationalismus spielen. Man bemuht sicb, im voraus die grofie proletarische Re- volution Deutschlands zu diskreditieren. Bereits jetzt entetellt man ihrsj gi nri) yerleumdet si3 und Met iiber sie, wie man vor 6 Jahren iiber die groBe' russische Revolution log. Was die franzosisehe „sqzialistische" Partei jetzt tut, das ist eine regelrecbte groBziigige Schin- bung. Alle Tage findet eine wahre Orgie niehi nur in Renaudels Organ „Populaire", sondern aucb in; Organ des Halunken Frossard statt, der noch un- langst zu den Kommunisten zahlte, sich dann aber an die Bourgeoisie verkauft bat (siehe die auf Kosten der Bourgeoisie herausgegebene Zeitung „Egalite"). Als Hauptmacher fungiert der abgestem- pelte Gamier und Federfuehser Grumbach, der jetzt dieselbe „Tatigkeit" ausiibt, die er im Auftrage der Bourgeoisie im Jahre 1914 ausgeiibt hat. Zitate werden .entstel.lt, Tatsaehen werden gefalscht, Mar- chen werden erdacht. Man bemiiht sich, die macbt- volle Bewegung des deutschen .Proletariats als eine trube nationalistische Welle hinzustellen. Tagein, tagaus wird iiber das ..Biindnis" der deutscll&ll Kom- 2 17 munisten mit den deutschen Faschisten geschrieben und geredet. Aus den Spalten der „sozialistischen" Presse dringt diese giftige Llige in die Spalten der hundertziingigen biirgerlichen Presse, in das Dorf, in die Kasernen ein. Poincare kann mit seinen Lenten zufrieden sein. Die von den Fiihrern der Zweiten Internationale er- sonnene Legende ist nichts anderes als eine Vor- bereitung zum Sturze der deutschen Proletarierrevo- lution dureh den internationalen Imperialismus, nichts anderes als eine moralische Eeehtfertigung eines nenen, sehon jetzt vorbereiteten imperialisti- schen Krieges, der gegen die deutsche Revolution und gegen deren etwaige Verbiindete gerichtet sein wird. Das mogen die Arbeiter der ganzen Welt wissen. Deutschland ist ein besiegtes Land. Der Impe- rialismus der Entente hat Deutschland den Daumen auf Auge gesetzt. Nicht nur die 20 Millionen der Arbeiter Masse, sondern auch die zahlreiche klein- stadtische und landliche Bevolkerung erfahrt taglich am eigenen Leibe den Druck der fremden Bourgeoi- sie. Die Ereignisse der letzten Jahre haben auch das kleinbiirgerliche Deutschland bis auf den Grund auf- gewiihlt. Die schwarzen Fiihrer des deutschen Na- tionalismus, die Geistesgenossen von Poincare und Comp., haben lange Zeit im Triiben gefischt. Die Faschisten machen sich die erregte Stimmung, die Unruhe und die Verzweiflung der kleinbiirgerlichen Bevolkerungsschichten zunutze, sie versuchten und vereuchen, die Aufmerksamkeit des Volkes' von den Fragen des inneren Kanapfes auf die Frage nach dem aufieren Feind abzulenken. Sie schiiren die nati'ona- listischen Leidenschaften usw. Die Verhaltnisse ge- 18 statteten bisher der deutschen Gegenrevolution, be- deutende Mengen der kleinen Leute in Stadt und Land in ihre Netze zu locken. Die deutschen Konmmnisten sind nicht nur berechtigt, sondern geradezu ver- pflichtet, alle Schichten der Besitzlosen, die aus (ge- rechtem und berecbtigtem) Hafi gegen die Unter- drueker der Entente den Fascbisten folgten, dem Ein- flufi der biirgerliehen Nationalisten zu entreifien. War denn etwa die Pariser Kommune nicht im Recht,- als sie den Versuch machte, jenen Teil der st&dtischen und landlichen Kleinbourgeoisie gegen die PreuCen zu anobilisieren, die aus HaB gegen die auslandischen Unterdriicker und gegen die einheimi- sche Bourgeoisie, die Frankreicb" en gros und en detail verkauft hatte, der Kommune folgten?! Hatte etwa die proletarische Revolution in Rut- land in den Jabren 1917/19/20 nicht das moralische Recht, gegen den englischen, franzosischen und deut- schen Imperialismus alle jene Schichten der Bevol- kerung zu mobilisieren, die hauptsachlich aus Hafi. gegen die Intervention bereit "vvaren, die Rote Armee zu unterstiitzen ? ! Haben denn die Sozialisten der Zweiten Inter- nationale nicht selbst zugegeben, da£ der Antisemitis- mus der „Sozialismus der dummen Kerle" sei, und daU es die Pflicht der Sozialisten sei, alle jene Schich- ten der Werktatigen' vcxm nationalistischen Irrwahn ■ zu befreien, die aus diesem oder jenem Grunde unter den EinfluB des Antisemitismus geraten waren?! Die deutschen Kommunisten erfiillen diese Auf- gabe nach besten Kraften und sie erfiillen sie zum Gliick auch mit bestem Erfolg. Unter der Leitung der K. P. hat die deutsche Arbeiterklasse bereits einen 2* 19 Teil der Kleinbourgeoisie neutralisiert und ist im Be- griff, die Sympathien des iibrigen Teils zu gewinnen. Darin liegt ein Unterpf and des Sieges der deutschen Revolution. „Und der Revanehekrieg?" Liegt darin wenig- stens ein Kornchen Wabrbeit? Bereitet sich die deut- sche Revolution wirfclich zum Kriege vor? „Alles wird vom Verbalten der europaischen im- perialistischen Bourgeoisie selber abbangen. "Weim Poincare und Comp. ibre Truppen gegen die deutscbe ProletarierreVolution fiibren, so besteht kein Zweifel dariiber, da£ sie friiber oder spater den Freibeitskrieg des sozialistisehen Deutecbland gegen die biirger- licbe Intervention verursacben werden. Mogen die Herren Grumbach und Frossard ihrem Patron Poin- care demgemafi bericbten. Je rober, je gemeiner die Intervention der auslandiscben Bourgeoisie gegen die deutsche Revolution sein wird, desto grofier wird der Sturm des Protestes sein, den sie heraufbesehworen, desto eber werden sieh alle lebendigen Krafte des Landes zur Abwebr der fremden Unterdriicker um die Arbeiterklasse sebaren. Auf dem 7, Parteitag der R. K. P., der zur Zeit der Brester Verbandlungen (im Anfang des Jabres 1918) zusammentrat, bezeicbnete Genosse> Lenin den Entwurf des Brester Vertrages als einen Tilsiter Ver- trag, und erklarte im Namen aller kommunistisehen Arbeiter des ganzen Rutland, dafi 1 es gegen die In- tervention der auslandiscben Bourgeoisie fur die Pro- letarierrevolution nur eine Rettung gebe: dafi sich das ganze Land um die Arbeiterklasse scbart und im geeigneten Augenbliok ein sozialistischer, vaterlandi- scher Krieg (gerade ein vaterlandischer Krieg — 20 dies Wort hat Genosse Lenin, mit Reeht gebraucht — denn das sozialistische Vaterland diirfen wir nieht mar, sondern miissen wir bis zura letzten Blutstropfen verteidigen) — gegen die auslandischenUnterdrueker begonnen wird.' Die Revolution — das ist der Friede, so sprechen die deutschen Kommunisten. Die von der Kommu- nistischen Partei geruhrte Arbeiterklasse Deutsch- lands will den Frieden. Wenn kommunistische Redner in iiberfullten Arbeiterversammlungen in Deutschland erklaren, dafi sie Deutscbland vor dem Kriege retten, wenn sie die Macht ergreifen, da sie sich im auBersten Notf alio aufKosten der expropriier- ten deutschen Bourgeoisie von der Entente loskaufen konnten — dann werden diese Erklarungen mit don- nerndem Beifall aufgenommen. "Wenn kommuni- stische Redner erklaren, daB Deutschland mit dem Verbande der Sozialistischen Sowjetrepubliken ein Biindnis schliefien und dafi durch dieses Biindnis in ganz Europa der Friede gesichert sein werde, so er- regt das noch grofiere Begeisterung. Die Arbeiterklasse Deutschlands will den Frie- den. Die dentsche und die franzosische Bourgoisie wollen den Krieg. Und die deutsche und die fran- zosische sozialdemofcratische Partei helfen jede „ihrer" Bourgeoisie. Darin liegt das Wesen des gegenwartigen Moments. Die Parteien der Zweiten Internationale sind schon langst in das Fahrwasser der Gegenrevolution geraten. Jetzt werden sie noch weiter gehen. Sie verwandeln sich in die aktive Garde des unversohn- lichsten Teiles der imperialistischen Bourgeoisie. Die sozialdemokratischen Fiihrer werden offen zu 21 Veranstaltern von Pogromen. Wer das bezweifelt, der moge sich der Henfcerrolle der bulgarischen Men- schewiki wahrend der letzten bulgarischen Ereig- nisse entsinnen. Sogar der ergraute Kautsky sehrieb unlangst in einem Sehreiben an die Juden Rufilands, dafi sie helfen nriifiten, die Sowjetregierung zu stiirzen, "wenn sie Pogromen entgehen w'ollten. Wenn die russischen Mensehewiki die Legende vom angeblichen „Roten Imperialismus" des Kreml ersinnen, so ivollen sie in Wirklickkeit eine neuo Intervention der auslandisehen Bourgeoisie gegen den Verband der Sozialistischen Sowjetrepubliken vorbereiten. Wenn die Fiihrer der deutschen und der franzosischen sozialdemokratischen Parteien die Legende iiber das angebliche „Biindnis" d&r deutschen Kommunisten mit den deutschen Nationalisten ersin- nen, so bereiten sie im Auftrage der internationalen imperialistischen Reaktion Giftgase fiir den Krieg gegen 'die deutschen Arbeiter vor. Die Flihrer der Zweiten Internationale sind zu ausgesprochenen Gendarmen der internationalen Gegenrevolution geworden. Sogar dem menschewisti- schen „Sozialistischen Boten" ist dieser Tage (Nr. 16) ein wertvolles Bekenntnis entschliipft (siehe Original, d. tTbers.) : „Im Ergebnis haben sich die Parteien der „am meisten interessierten" Lander aus Vertre- terinnen einer einheitlichen internationalen Po- litik des Weltproletariats immer mehr und mehr in Tvohl-wollende Vertreterinnen „ihres" Vater- landes verwandelt, die nur darum besorgt sind, „moglichst annehmbare" Kompromisse, von ver- schiedenen nationalen Gesichtspunkten aus be- 22 tracbtet, auszuarbeiten. Selbstverstandlich legen die Diplomaten des Sozialismus unendlich viel mehr guten Willen, aufrichtige Friedensliebe, Humanitat und Achtung vor dem Gegner in ihre kompromiiUiche Tatigkeit, als die Diplomaten der herrschenden Klassen." Im Munde der russiscben Herren Menscbewisten ist das wahrlich -kern sehr scbmeichelhaftes Kompli- ment an die Adressen der Fiihrer der Zweiten Inter- nationale. Augenseheinlich iangen sogar die Steine an zu schreien. Sogar tinter den russiscben Mensche- wiki ertonen vereinzelte Stimmen gegen den Ver- rat der Fiihrer der Zweiten Internationale, — was naturlich Abramowitsch und Dan nicht daran hindert, hinsiebtlich der russischen Kommunisten dieselbe Eolle zu spielen, die in Frankreich von Frossard und von Grumbacb gespielt wird. Ein neuer Verrat an der deutschen und der inter- national Arbeiterklasse wird vorbereitet, ein Ver- rat, der noch ungeheuerlicher sein wir.d, als der, den wir im Sommer des Jahres 1914 sahen. Die Legende von der h Vaterlandsverteidigung" hat im imperia- listischen Kriege der internationalen Arbeiterklasse viele Millionen Menschenleben gekostet. Die fort- geschrittenen Arbeiter der ganzen Welt milssen jetzt rechtzeitig ihre Mafinahmen treffen, um den Falsch- munzern der Zweiten Internationale das Handwerk zu legen, wenn sie eine neue Legende ersinnen wollen, die fur die Internationale Arbeiterklasse verhangnis : voll zu werden drohU 23 III. Die Arfoeiterklasse, die Kommunisten, die Sozialdemokraten. Die Arbeiterklasse bildet in Deutsehland zahlen- mafiig die aussehlaggebende Macht. Pas deutsche Proletariat halt das Schiaksal seines. Landes in eige- ner Hand. Warum aber ist die Macht bis jetzt in den Handen der deutschen B our geoisie geblieben ? Im Jahre 1918/19 folgte nur eine Minderheit der deutschen Arbeiter Karl Liebknecht und Rosa Luxem- burg. Auf dem entgegengesetzten Pole folgte wie- derum nur die Minderheit der deutschen Arbeiter dem Bluthund Noske. Die Hauptmasse, der Kern des deutschen Proletariats, schwankte. Dieser Kern ■: — die Masse der Arbeiter uberhaupt — suchfce friedliche Wege. Jene „mittlere" Masse, die schlieMcb den Gang des. Kampfes bestimmte, wollte zu jener Zeit keinen Burgerkrieg, sie furehtete die Revolution, sie rechnete damit, auf legalem Wege — durch. die Ge- "werksehaften, durch das allgemeine Wahlrecht, durch die sozialdemokratische Partei, langsam, aber sicher ihre Lage zu verbessern und sieh ein Stuck Brot und Arbeit zu sichern. Die deutsche SoziaMemokratie stiitzte sieh auf dieseStimmung der Durchschnittsarbeiter und brachte es fertig, mit Schlauheit und List die erste deutsche Revolution zu toten und der deutschen Bourgeoisie den Sieg zu sichern. Wir diirfen nicht vergessen, da£ die 24 deutsche Sozialdemokratie im Jabre 1919 den Keiehs- kongrefi der Arbeiter- und Soldatenrate einberief, und dafi es ihr auf diesem Komgrefi gelang, einen Beschlufi iiber die Auflosung der Sowjets und die Ubergabe der Maoht an die Nationalversammlung annehmen zu lassen. Die Spartakisten, die Avantgarde der Arbeiter, waxen im Jahre 1919 an Zabl nocb sehr scbwach. In- den Jahren 1918/19 genossen die Spartakisten grojie Aebtung bei den Arbeitern. Viele Durcb- schnittsarbeiter erkannten den Mut und die groBe Treue der spartakistischen Minderbeit der Saebe der. Arfoeiterscbaft gegenuber stillscfrweigend an, denn dieee fingen die grausamsten Seblage der Gegenrevo- lution mit ihrer Brust auf nnd verteidigten gerad- linig die Interessen der gesamten Arbeiterklasse. Aber, wenn man aueh den Spartakisten die Aehtung zoilte, die ihnen gebilbrte, so folgte man ihnen trotz- dem nicht. Der Kern der Arbeiterklasse betracbtete die kiibnen Spartakusleute nicbt ohne Sympatbie. Aber wenn es zur Praxis kam, unterstutzten sie die Sozialdemokratie. Diese Stimmung der Hauptmasse der deutseben Arbeiter, die fieberbaft nacb friedlicben Auswegen suchte und den Biiirgerkrieg ganz besonders scheute, verstand die Sozialdemokratie auszunutzen, und sie sicberte der deutseben Bourgeoisie eine vier Jabre lange Atempause, von 1919 — 1923. Im Marz des Jabres 1921 warf sicb die sparta- kistische Avantgarde der Arbeiterklasse aufs neue in den Kampf. Die kommunistisebe Avantgarde versuchte, die Hauptmasse der Arbeiterklasse dureh sicb allein zu ersetzen, jene Hauptmasse, welcbe 25 sich zu jener Zeit unter dem fast uneingeschrankten Einflufi der Sozialdemokratie befand und von dieser mit igegenrevolutionaren, sufiliehen un(d sinnlosen Wiegenliedern und Hoffnungen eingelullt wurde. Und wieder sahen bedeutende Schiebten der deutsehen Ar- beiter nicht ohne Sympaihie auf die waghalsigen Ee- volutionare, die wiederum die Schlage der Gegen- revolution auffingen. Aber wiederum blieben diese Tapferen ohne Untersttitzung seitens der Hauptmasse der Arbeiter. Die Avantgarde, die sich zu fr&h er- hoben hatte, warde geschlagen. Die ganze Frage der Gegenwart lauft darauf hinaus, ob es der deutsehen Sozialdemokratie jetzt wieder gelingen wird, wenn aueh nnr auf kurze Zeit, die deutsehe Bourgeoisie zu retten. Alle Griinde sprecben dafiir, daJS ihr das jetat nicht mehr ge- lingen wird. Die Lehre ist nicht umsonst gewesen. Mit Hilfe des III. Weltkongresses der Komintern konnte die deutsche Kommunistische Partei Irrtumer der Vergangenheit richtig einschatzen. Die Frage des Aufstandes, des sofortigen Kampfes um die Macht, mirde im Jahre 1921 beiseite geschoben, und kurz entschlossen stellte man sich- eine andere Auf- gabe: Die Eroberung der Mehrheit der Arbeiter. Inwiefern ist diese Aufgabe heute erfiillt? Folgt die Mehrheit der Arbeiter setzt sehon den Kommu- nisten? Auf "wessen Seite sind die Sympathien des Hauptkerns des deutsehen Proletariats? Welchen Einflufi hat die ©egenrevolutionare Sozialdemokratie noch unter der deutsehen Arbeiterklasse? Welcher Art mufi unser Verhaltnis jetzt zur Sozialdemokratie 26. im allgemeinen und zu ihrem sogenannten „linken" Fliigel im besonderen sein? Es besteht kein Zwei'fel dariiber, daB die Taktik der Einheitsfront gerade in Deutschland groBen Er- folg gehabt hat, daB die deutsehe Kommunistische Partei sie richtig angewandt hat, daB die Zweifel, die bei einigen „linken" Kommunisten bestanden und nooh bestehen, unberechtigt waren. Denn das ganze Wesen der Taktik der Einheitsfront besteht ja darin, daB es ihr Zweck ist, auch die riickstandigeren Ar- beiterschichten in den Kampf hineinzuziehen, die Mittelschichten und die Nachhut der Vorhut anzu- n&hern. Wenn man also der Taktik der Einheitsfront vorwirft, daB sie sicbi in vielen Dingen gerade nach diesen Arbeiterschichten orientiert, so beweist man dadurch eine absolute Verstandnislosigkeit if iir das eigentliche Wesen dieser Taktik. Die deutsehe Kommunistische Partei hat die ihr vom III. WeltfcongreB gestellte Aufgabe gelost, oder sie ist zuni mindesten von dieser Losung nieht mehr "weit entfernt. Die deutschen Kommunisten haben die Betriebsratebewegung erobert, die, wi'e wir weiterhin sehen werden, im gegenwartigen Deutschland in hohem Grade die Kolle unserer vorrevolutionaren russischen Arbeiterrate (Sowjets) spielen. In mehr als 2000 Stadten Deutschlands, in den bedeutendsten Industriezentren, steht die Betriebsratebewegung ausschlieBlich unter dem EinfluB der KPD. In den Gewerfcschaften hat die KPD groBe Er- oberungen zu verzeichnen. Sie hat die Leitung des Gewerkschaftsapparates noch nicht in ihre Hand be- kommen und wird sie wahrscheinlich auch biszum Siege der proletarischp 1 ! Kevolution nicht bekommen. 27 Die Aufgabe, die Leitung den Gewerkschaftsburo- kraten zu entreiBen, ist wonl nicht minder schwierig als die andere Aufgabe, die politische Maeht der Bourgeoisie zu entreiBen. Am Tage nach der proletarischen Umwalzung wird man oft mit den- selben Metboden sicb der Gewerkschaften bem&ch- iigen miissen, mit denen man sich der Staatseinrich- tungen oder Betriebe und Fabriken bemachtigt. In den untersten Schichten der Gewerkschaftsorganisa- tionen haben sicb die deutschen Kommunisten bereits jetzt gewaltigeh Einflufi erkampft. Die Mitgliederzahl der KPD befindet sich in stetem Ansteigen. Es gibt Organisationen, die in einem Monat ran das Fiinffache wachsen. Nicht nur die Avantgarde der Arbeiterklasse, sondern auch ihre groBe Menge — jene Arbeitermasse, die im Jahre 1919 der deutschen Sozialdemokratie den Sieg ver- schaffte — wendet sich nun immer mehr und mehr den Kommunisten zu. Die Arbeiterklasse. ais solche, das heiBt nicht nur ihr organisierter Teil, sondern auch die vielmillionenkopfige Masse, neigt immer mehr und mehr dazu, gerade der KPD die politische Leitung zu iibertragen. Wahrend des groBen August- streiks (1923), der die Regierung Cuno stiiirzte, be- fand sich bereits die politische Leitung der Bewegung bei den Kommunisten. In der Streikleitung, die die Bewegung der Berliner Arbeiter fiihrte (es streikten gegen 800 000 Arbeiter), gehorte die uberwiegende Mehrheit der KPD an. Der Vorsitzende war ein Kommunist, von 24 Mitgliedern waren 17 Kommu- nisten, die tibrigen — linke Sozialdemokraten und „Un- abhangige" — , die aber auch auf Vorschlag der Kom- munisten gewahlt "worden waren und riiekhaltlos mit 28 Tins gingen. In einem anderen ausschlaggebenden Zentrum Deuisehlands, in Hamburg, bestand die Streikleitung aus 5 Kommunisten, 2 linken Sozial- demokraten und einem revolutionaren Syndikalisten. Fast iiberall war das Krafteverhaltnis ebenso. So- ,gar in solchen Stadten, wo die kommunistiscbe Orga- nisation bis zum Auguststreik zahlenmaBig ganz schwach war, drangten die Arbeitermassen die poli- tische Leitung des Auguststreiks dieser kleinen Kom- munistenorganisation geradezu auf. „Die Kommu- nisten sind die einzige Partei, die im ReichsanaBstab die B&wegung leitet; darum miiBt ihr auoh in unserer Stadt die Fuhrung ubernehmen", erklarten Hundert- tausende parteiloser Arbeiter. Handelt es sich nun um eine dauerhafte und gesicherte Mebrheit? Vielleicbt kann man das noch nicht behaupten. Aber es steht auBer Zweifel, daB es dazu kommen wird, und zwar in allernachster Zeit dazu kommen wird. Noch ist die Stimmung veranderlich und nicht stabil. Die Stimmung von Millionen von Arbeitern ist uberbaupt niehts ein fiir allemal Gegebenes. Ein Teil der Arbeiter iiber- l'egt noch; sie sind mit einem FuB bereits im Lager der Kommunisten, wahrend der andere noch im Lager der Sozialdemokratie ist. "Wahrend einer Ubergangszeit ist das unvermeidlieh. Es ware laeherlich, als Vorbedingung des Erfolges fordern zu wollen, daB alle Arbeiter bis auf den letzten Mann zuerst mehrmals der Kommunistisehen Partei Treue schworen sollen. Im Laufe des Kampfes selbst wird die im' Entstehen begriffene Mebrheit ; sich endgiiltig bilden und f est hinter den Kommu- nisten stehen. 29 Und die deutsehe Sozialdemokratie? Sie bat bereits jetzt augenscheinlich nicht weniger als zwei Drittel ihrer Mitglieder verloren. Wie Beobaehter mitteilen, gehoren die Arbeiter in ihren Reihen, hauptsachlieh zu den gesetzieren Leuten. Sie stellen das weniger aktive Element dar, es sind Menschen, die infolge langjahriger Tradition die Verbindung mit der Sozialdemokratie aufreoht er- balten baben, und es fallt ihnen schwer, mit ihr zu brechen. Die Bliite der Arbeiterschaft verlaBt die Eeiben der deutschen Sozialdemokratie. Unter jenen 600 000 bis 700 000 Farteimitgliedern, die der- Sozialdemokratie noch geblieben sind, entfallt kein geringer Tei.l auf die Kleinbourgeoisie, die Mi t- lauf er. Und unter jenen Arbeitern, die noch in den Reihen der deutschen Sozialdemokratie geblieben sind, gehort eine bedeutende Anzabl innerlich bereits zu den Kornmunisten. Wir stellten das schon vor einem halben Jahr iest, aber jetzt ist es mehr als klar. Werm auf illegalen Betriebsratekongressen in Stuttgart, Berlin und in Dutzenden anderer Stadte, Hunderte von Arbeitern, die formell noch Mitglieder der sozialdemokratischen Partei sind, mit den Kornmunisten gegen ihre eigenen sozial- demokratischen Fiihrer konspirieren, so ist das der beste Beweis dafur, das diese Arbeiter sich wohl aus Tradition noch immer Sozialdemokraten nen- nen, in Wirklichkeit aber bereits unsere Genossen Isind. Wenn vide Tausende von sozialdemokratischen Arbeitern gemeinsam mit kommunistischen Arbeitern gegen ,. den Willen der Fiihrer ihrer eigenen Partei zusammen mit uns proletarische Hundert- scbaften — den Keim der roten Garde — bil- den, wenn Hunderttausende von Arbeitern, die zur SPD „zahlen", gemeinsam mit uns unter Leitung unserer Kammunistischen Parte! gegen den Be- schlufi der SPD den politischen Streik erklaren, so beweist das, dafi die Zeit nicht mehr fern ist, wo ein bedeutender Teil der sozialdemokratischen Arbeiter endgiiltig mit den gegenrevolutionaren Fiihrern brechen und riickhaltlos den Kommunisten folgen wird. Die gegenwartige Ubergangsperiode ist uns russisehen Kommunisten noch! aus jener Zeit wohl- bekannt, wo bedeutende Schiohten von mensche- ■wistischen und sozialrevolutionaren Arbeitern fort- fubren, sioh zu ihren Parteien zu „zahlen", in Wirk- lichkeit aber von uns Gewehre empfingen und sich mit uns aufmachten, die Koalitionsregierung zu stiirzen. Die SPD steht am Vorabend jener Zeit, die vor unseren Augen seinerzeit die „machtigste" Partei in Rutland, die „Soziairevolutionare", dureh- gemacht hat. Vor den Augen der Arbeiter der gan- zen Welt sturzt krachend das einstmals so stolze Gebaude der millionenkopfigen deutschen Sozial- demokratie zusammen, die wahrend einer ganzen Epoehe d'as politisehe Schicksal Deutschlands be- stimmte. Der einfaltige Exminister Hilferding bat alle Ursache, an den Fliissen Babylons zu weinen. Und die Meinungsversobiedenheiten und die be- ginnende Spaltung zwischen der rechten und „linken" Sozialdemokratie — , wie bat man diese einzusehatzen? Es ist moglich, dafi die „linken" Sozialdemo- kraten zedtweilig in der Geschichte der deutscben Revolution beispielsweise dieselbe Rolle spielen 31 werden, die bei uhs in RuBland die linken Sozial- revolutionare gespielt haben, d. h. sie werden ein kleines Stiickchen Wegs mit der Revolution gehen, um nachher wieder ins Lager der Gegenrevolution zu geraten. Im Jabre 1917/1918 konnte es anfangs scheinen, als ob in Rufiland zwischen den rechten und den „linken" Sozialrevolutionaren Wuhder was fur ein grofier politischer Untersobied bestand. Im Jahre 1923 sieht jeder objektive Beobacbter, daft die „linken" und rechten Sozialrevolutionare — zum mindesten, wenn es sich um die ftibrenden Scbicbten bandelt — bloB verschiedene Schichten der gleich haltlosen und gegenrevolution&ren Klein- bourgeoisie waren. Die ganze oder fast die ganze jetzige Fiihrer- gruppe der „linken" Sozialdemokratie in Deutsch- land — ist uns langst bekannt; diese alten Bekann- t'en haben die deutschen Arbeiter im entsebeidenden Augenbliok mehr als einmal verraten. Und sie werden das deutsohe Proletariat noeh viele Male verraten. Als Symptom hat das Auftaueben einer „linken" Stromung in der SPD natiirlicb ungeheuere Bedeutung. Wie in einem Zerrspiegel spiegelt die „linke" SPD das Wachsen der revolutionaren Stim- mung unter den breitesten Massen des deutschen Proletariats wider. Aber — das ist nur ein Symptom. Wenn die sogenannten „linken" Fiihrer der SPD im Ernst eine selbstandige politische Rolle spielen wollten, so k5nnte das fiir die deutsohe Revolution ungeheuere Gefahren bergen und zu einem direkten Ungliick fiir sie werden. Sobald diese Herrscbaf ten in eine revolutionare Regierung eintreten, werden sie sicher im ehtscheidenden 32 Augenbliok den Versucb macben, die revolutionare Regierung in einen Diskutierklub zu verwandeln. Sie wiirden in jedem Augenbliek, wo eiserne Dik- tatur und stablerne Entschlossenheit not tut, sicb. der revolutionaren Regierung wie Bremsklotze ans Bein hangen. Eine allzugroBe „Unterstutzung" sei- tens der „linken" SPD konntefiir die proletarisehe Revolution geradezu verhangnisvoll werden. Das soil nicht heifien, dafi die Kommunisten im gegenwartigen Entwicklungsstadium jede' Verein- barung mit der linken Sozialdemokratie ablehnen sollen. Einige Arbeiterschichten folgen ibr jetzt noch. Die linke Sozialdemokratie ist eine der letz- ten Illusionen einer bedeutenden Scbicbt deutscber Arbeiter. Eine der wichtigsten Voraussetzungen des Erfolges weiterer entseheidenden Aktionen der Kommunisten besteht darin, diesen Scbichten zu helfen, sicb von diesen Illusionen zu befreien. Moge der deutscbe Arbeiter sicb bald an einem letzten Beispiel iiberzeugen, dafl sogar die sogenannte „linke" Sozialdemokratie den entscbeidenden Kampf gegen die Bourgeoisie weder fuhren will noch fiih- ren wird. Die Etihrer der „linken" Sozialdemokratie — all diese Crispine und Rosenf elds — .werden selber alles tun, urn sicb in den Augeri der Arbeiter moglichst scbnell und moglichst griindlicb zu kompromittieren. Und wir konnen ibnen dabei bebilflich sein. Das Verbalten dieses, mit Verjaub zu sagen, linken Fliigels in der SPD-Reichstags- fraktion bat in den letzten Tagen (Abstimmung iiber Erweiterung der Vollmacbten der balb- fascbistiscben Regierung Stresemanns) deutlich genug die Haltlosigkeit und die gegenrevolutionare 3 33 Niedertrachtigkeit der „linken" Fiihrer der deut- sclien Sozialdemokratie bewiesen. Die Stunde ist nahe, wo die ungeheure Mehrheit der deutschen Ar- beiter, die gegenwartig noch einige Hoffnung auf die „linke" SPD setzt, sich endgiiltig davon iiber- zeugen wird, da£ der Entscheidungskampf ohne und gegen die rechte wie die linke SPD gefiihrt werden muB. Der Eintritt der Kommunisten in die sachsisohe Eegierung verfolgt ein doppeltes Ziel. , Erstens soil der revolutionaren Avantgarde Saehsens geholfen werden,. festen Fufi zu fassen, ein bestimmtes Ge-_ biet zu besetzen und Sachsen zum Ausgangspunkt fernerer Schlachten zu maehen. Zweitens soil der linken SPD die Moglichkeit geboten werden, durch Taten sich auszuweisen und dadurch den ; sozial- demokratischen Arbeitern die Aufgabe der "Dber- windung der letzten Illusion zu erleichtern. Der natiirlich mit Zustimmung der Komintem von der KPD in Sachsen unternommene Versuch birgt grope Gefahren in sich. Daruber mu.fi man sich klar sein. Es wtirde jedoch von politischer Kleinmiitigkeit zeugen, wenn man das Risiko nicht auf sich nehmen wiirde, das beim Eintritt der Kommunisten in die sachsische Regierung besteht. Aber es ware auch ein Beweis kindlicher Einfalt, wenn man jene un- geheueren politisohen Gefahren nicht sehen wiirde, mit denen dieser Eintritt verbunden ist, Bereits jetzt beginnen die „linken" sachsischen Sozialdemokraten, die noch nicht einmal fertig- gebildete Arbeiterregierung Saehsens zu sabotieren. Die deutschen Kommunisten, die eine Gruppe ihrer besten Arbeiter in die sachsische Regie- 34 rung gesandt haben, werden auf der Hut sein. Sie werden unter keinen Umst&nden den deutschen „linken" Sozialdeinokraten gestatten, ihre Politik des Sehwankens durchzufiihren und auf Kosten des Ansehens der KPD die proletarisebe Revolution zu sabotieren. Der Eintritt der deutscben Kommu- nisten in die sacbsische Regierung bat nur dann Sinn, wenn er die sicbere Garantie dafiir bietet, dafi der Apparat der Staatsmacbt tats&chlich der Ar- heiterklasse zu dienen beginnt, daB Hunderttausende von Arbeitern zum Kampf gegen den bayriscben und alldeutscben Fascbisnius bewaffnet werden, da£ nicht nur in Worten, sondern in der Tat eine Massenaustreibung der biirgerlicben Beamten aus dem Staatsapparat beginnt, wo sie sich zum Teil noob als Erbstiicke aus Wilhelms Zeiten vorfinden, daB unverzuglich wirtscbaftlicbe MaJSnahmen revo- lutionaren Cbarakters durcbgefiihrt werden, die die Bourgeoisie in entscheidender Weise treffen. Wenn es der gegenwartigen saebsiscben Re- gierung t'atsacblieh gelingen wird, Sacbs,en in. ein rotes Land zu verwandeln, das, wenn auch nur bis zu einem gewissen Grade zum Konzentrationspunkt aller revolutionaren Krafte des Landes werden kann, dann wird das revolutionare deutsche Prole- tariat das sacbsische Experiment, versteben und untersttitzen. Sollte das aber nicbt der Fall sein, so miissen die deutscben Kommunisten die ganze sacbsische Episode dazu beniitzen, wieder und wieder den Arbeitermassen anschaulioh die ganze Cbarak- terlosigkeit der „linken" SPD und die igegenrevolu- . tionare Niedertrachtigkeit der SPD-Fiihrer vorzu- demonstrieren. Die „Einheitsfront" zm\ Ver- 3* 35 tuschung der revolutionaren Aufgaben lelinen wir ab. Summa: Die deutsche Sozdaldemokratie bildet nicht mehr die Achse des politischen Lebens — - der Sehwerpunkt ist in die deutsche KPD verlegt. Die deutsehen Kommunisten haben die Mebrbeit des viele Millionen /zahlenden deutseben Proletariats bereife fiir sich erobert oder sind von dieser Er- oberung nicht mehr weit entfernt. Diese Minder- heit kann nicht durch Abstimmungen und Be- sprechungen, sondern nur in den nahenden Kampfen gefestigt und gestahlt werden. Die Hauptaufgabe der KPD besteht darin, durch ihre Taten der Meh'r- heit der deutseben Arbeitersehaft die tJberzeugung beizubringen, dafi die KPD anders als in den Jahren 1919 — 1921, jetzt nicht nur die Avantgarde, sondern die ganze Millionenmasse der Arbeiter hin- ter sich hat. Vor allem aber mufi den Arbeiter- massen die tJberzeugung beigebracht werden, dafi jetzt die Ftihrung durch die KPD der Arbeiter- klasse tatsachlich den Sieg sichert. 36 IV. Die Gewerkschaften, die Betriebskomitecs, die Arbeiterrate. Die gegenrevolutionare Rolle der deutsehen Ge- werkschaften. wahrend des imperialistischen Krie- ges ist zur Gentige bekannt. Sie waren es, die Mil- lionen deutscher Arbeiter in die Armee Wilhelms II. trieben uhd dabei die Sacbe so darstellten, als ob die deutscben Arbeiter der Sache des Sozialismus dienten, wenn sie das „Vaterland" Wilhelms II. ver- teidigten. Es ist wohl kaum eine tFbertreibung, wenn man behauptet, daB wahrend der Jahre 1914 bis 1919 die deutsehen Gewerkschaften der wich- tigste Faktor der Gegenrevolution waren. Die deutsehen Gewerkschaften sind a,uch jetzt noch ein bedeutender Faktor der Gegenrevolution, zum mindesten, sofern es sich nm den Apparat der deutsehen Gewerkschaften und seine Fiihrer han- delt. Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, dafi das deutsche Proletariat im entseheidenden Augenblick die „Fiihrer" der deutsehen Gewerk- schaften aufs neue jenseits der Barrikaden er- blieken wird. Die Eroberung des Apparats der deutsehen Gewerkschaften wird dem deutsehen Pro- letariat nicht leichter fallen als die Eroberung des Staatsapparates. Aber augenscheinlich wird es dem deutsehen Proletariat erst nach einem erfolg- reichen Umsturz gelingen, sich der Gewerkschaften 37 zu bemachtigen. Das war iibrigens aueh in einem Lande der Fall, wo der Einf lufi des Menschewismus verhaltnismafiig gering war, namlich in Rufiland. Es gab eine Zeit, wo eine 'zdemlieh einflufireiche Gruppe innerhalb der Kbmintern den Austritt der Kommunisten und der mit ihnen sympathisierenden Arbeiter aus den gelben Gewerkschaften im beson- deren forderte. Auf dem zweiten Kongrefi der Ko- mintern bestanden sogar weitblickende Genossen, wie der verstorbene John Keed es war, in entscbie- denster Weise auf diesen Austritt. Dear Kern der Komintern setzte alien diesen Tendenzen allerent- scbiedensten Widerstand entgegen, und' er hatte zweifellos recbt. Die Arbeit der Kommunisten, be- sonders der deutschen Kommunisten, ist in den Ge- werkschaften nicht vergeblich gewesen. Ohne diese Tatigkeit ware es unmoglich gewesen, die Mehrheit des deutschen Proletariats fur uns zu gewinnen. In den „unteren SchicMen" der Gewerkschaften ist der Boden jetzt geniigend geiockert. Die von den Kom- munisten vor einigen Jahren ausgestreute Saat wird bald in schonster Weise aufgehcn, Es war kein Zu- fall, daii der Sieg der deutschen Kommunisten bei den Wahlen zum Verbandstag der Metallarbeiter das erste Morgenrot war, das den Ilimmel erhellte, der solange in dustere sozialdemokratische Wolken ge- hiillt war. Zweifellos werden es in der nahenden prole- tarischen Revolution in Deutschland die Betriebs- rate sein, die eine entscheidende Eolle spielen wer- den. Aber wenn die deutschen Kommunisten sich nicht an den Gewerkschaften beteiligt batten, so ware es ihnen wohl kaum gelungen, die Betriebsrate 38 zu erobern; denn anfangs waren selbst die Betriebs- rate Organe der deutschen Gewerkschaften. Sie sind durch die Gewerkschaften ins Leben gerufen worden. Die Fiihrer der gelben Gewerkschaften haben sich die Betriebsrate als Organe gedacht, die keine besonders groJJe Rolle spielen sollten. In der Vor- stellung der „Fiihrer" der deutschen Gewerkschaf- ten sollten diese Betriebsrate eine Art Anhangsel darstellen, das bei Gelegenheit schmerzlos entfernt werden konnte. Wahrend der ersten ein bis zwei Jahre ihres Bestehens befanden sich die Betriebs- rate fast ausschliefllich in den Handen der Gewerk- sehaftsfuhrer. Auf den Kongressen der Betriebsrate errangen die Herren Sozialdemokraten spielend den Sieg liber die Kommunisten; zu jener Zeit waren die Betriebsrate blofi eine Zugabe der Gewerkschaften — blofi Organe, deren sich die gelben Fiihrer zur Durchfuhrung ihrer verraterischen Politik bedien- ten. Erst im dritten Jahr ihres Bestehens beginnen die Betriebsrate eine andere Rolle zu spielen. Sie beginnen allmahlich die Gewerkschaften im okono- mischen Kampf zu ersetzen. In dean MaBe, wie die Lage sich zuspitzt, sinken die sozialdemokratischea Fiihrer der Gewerkschaften immer tiefer. Die Ar- beitermasse sucht fieberhaft nach irgendeinem Or- gan, das befahigt ware, den Kampf urns Dasein der Arbeiter zu fiihren. Die sozialdemokratisehen Fiihrer verraten die Arbeiter auf Schritt und Tritt, selbst in den elementarsten wirtsehaftlichen Kampfen. Auf der Suche nach einer Massenorganisation, die auch nur im geringsten MaBe fahig ware, den wirtsehaftlichen Kampf des Proletariates zu leiten, geraten die Ar- 39 beiter plotzlicb auf den Gedanken, die Betriebsrate gegen die sozialdemokratiseben Ftihrer auszu- spielen. Die Betriebsrate beginnen die fiihrende Rolle im okonomischen Kampf gegen das Kapital zu spielen, eine Rolle, welche die Ge-werkschaften atn gelebnt batten. In dieser Zeit kommen einfaltige, balb proud- bonistische Versuche auf (die zum grofiten Teil mit dem Namen des verstorbenen Fuhrers der „linken" Unabbangigen — Daumig — in Verbindung steben), die Betriebsrate in geseblossene selbstandige Or- ganisationen zu verwandeln, die dem politiscben Kampf fernsteben sollen. Es entstebt eine Art be- scbrankten und sich selbst geniigenden „Betriebs- sozialismus" — eine trbersetzung des „Gilden- sozialismus" ins Deutsche. Doeb das Leben geht seinen eigenen Gang. All- mablicb vertreiben die Arbeitermassen aus den Be- triebsraten niebt nur die verrateriscben Ideen der Sozialdemokratie, sondern auch die proudbonistiscbe Entstellung des revolutionaren Marxismus. Der Geist des wabren Klassenkampfes beginnt in die Be- triebsrate einzudringen. Die Betriebsrate erreichen eine ungeheure Verbreitung uber ganz Deutschland. Allmablich tibernebmen sie alle jene Funktionen des wirtschaftlichen Kampf es, die von' den gelben Ge- werkscbaf ten abgelehnt worden waren. Und sie ubernehmen nicht nur diese Funktionen, sondern aueb noch eine Reibe anderer Funktionen, die mit der Vorbereitung der proletarischen Revolution un- losbar verkniipft sind und. die die deutschen Be- triebsrate von heute den Arbeiter-Sowjets der Epocbe vor der Eroberung de-v Macht gleicbstellen. 40 Noch ernennen die gelben FtLhrer der Gewerk- schaften ihre „Vorsitzenden" fur die Betriebsrate- zentralen. In Berlin gefallt eich in solcher Eolle der beriichtigte Emdl Barth, der ehemalige „sozia- listische Minister" des ersten „revolutionaren" Mi- nisteriums Scheidemann-Haase. Dieser Bitter von der traurigen Gestalt tritt auch weiterhin in der Eolle eines von den Gewerkschaf ten gewahlten Vor- sitzenden auf, zu einer Zeit, wo in Wirklichkeit die Bewegung der, Betriebsrate die Sozialdemokratie langst iiberf lugelt hat und solidarisch mit dem Kom- munismus geworden ist, zu ©iner Zeit, wo die Be- triebsrate Barth und Genossen zum, Teuf el schieken. Die Betriebsrate rekrutier en sicb aus den „un- tersten Scbichten" — aus den Fabriken, den Betrie- . ben, den Werkstatten, Bergwerken, Eisenbahn- depots, den groBen Handelsunternehmen. Sie iiber- ziehen als dichtes Netz- gegenwartig ganz Deutsch- land. Wahrend des leteten Jabres wuchs das An- seben der Betriebsrate von Tag zu Tag. Die Hauptfunktionen der Betriebsrate besteben in folgendem: , 1. Die Betriebsrate leiten den ganzen oder fast den ganzen Wirtschaftskampf des Proletariats. So- viel auch die sozialdemokratischen Fiihrer f ordern mogen (siehe z. B. die Verhandlungen, die dieser Tage in Hamburg und Berlin stattfanden), dafi die Kommunisten „die Betriebsrate nicht gegen die Ge- werkschafteh ausspielen sollen", — in Wirklichkeit spielt eben das Leben die Betriebsrate als reales Kampf organ des Proletariats gegen die gelben Ge- werksohaften als Organe aus, die es immer noch 41 fertig bringen, den Kampf des Proletariats zu sabo- tieren. 2. Die Betriebsrate haben in ganz Deutschland als ihre Peripherie eine so eigenartige Organisation gescbaffen, wie die Kontrollkommissionen es sind, d. h. Kommission&n, die den Versuch machen, die Preise der wichtigsten Bedarfsartikel, die Woh- nungsnot usw. einzudammen, gegen die wahnsinnige stets steigende Teuerung und die Spekulation an- zukampfen. Die Wahlen fiir diese Kontrollkommis- sionen finden fast uberall in Deutschland statt. An den Wahlen nehmen nicht nur Arbeiter, sondern alle kleinen werktatigen Leute uberhaupt teil. Die' ideelle und organisatorische Leitung dieser eigen- artigen und hochst interessanten Bewegung befin- det sich in den Handen der Betriebsrate. 3. Die Betriebsrate leiten die Bewaffnung des deutschen Proletariats. Was die Rote Garde in der russischen Revolution war, das sind in Deutschland die Roten Hundertschaften. Diese Roten Hundert- schaf ten rekrutieren sich gleichfalls aus den „aller- untersten Schichten" — aus den Fabriken, Betrieben, Werkstatten usw. Die Roten Hundertschaften losen sich in den Millionenmassen der Arbeiter auf und erhalten die ruckhaltlose Untersttitzung der Arbeitermassen und ihrer Betriebsrate und sind dadurch fiir die Bour- geoisie und die „Fiihrer" der Sozialdemokraten nicht zu fassen. Gerade darin besteht die „Macht" der Roten Hundertschaften. Die Bewaffnung des deut- schen Proletariats ist eine der entscheidenden Vor- aussetzungen des Erfolges der deutschen Revo- lution. Selbstverstandlich mufi die unmittelbare 42 -^ — Leitung der Riistungen sich, wie das auch zur Zeit der russischen Revolution der Fall war, in den Han- den der nicht zahlreichen Hauptquartiere und streng geheimer Organisationen befinden. Die Betriebs- rate baben diese Eigenschaften nicht, aber sie sind das Fundament. Sie bilden die grofie Organisations- grundlage. 4. Die Betriebsrate leiten den politiscben Kampf der Arbeiter im bedeutenden Ma.Be, sofern es sich um ungebeure Massen, auch urn parteilose Arbeiter handelt. Die Auguststreiks von. 1923 wurden von den Betriebsraten inszeniert. Die Regierung Cuno ist buchstablich von den Betriebsraten gestiirzt wor- den, indem diese einen dreitagigen Streik erklarten. Aber wiederum befand sich die unmittelbare Lei- tung der Bewegung im Monat August in den Han- den der Kommunistischen Partei, in den Handen nicht zahlreicher Hauptquartiere, wie das eben sein muJJ. Aber. die Betriebsrate bildeten die Organi- sationsgrundlage der Bewegung. Die Betriebsrate Ziehen auch andere Bevolke- rungsschichten, die wenigstens einen Teil des Weges gemeinsam mit dem Proletariat maehen kon- nen, auf die Seite der Arbeiter hinuber. Wir meinen die kleinen Angestellten, einen Teil der Intelligenz, die kleine und mittlere Bauernschaft usw. In einer ganzen Reihe von deutschen Ortscbaften haben die Betriebsrate auch auf organisatorischem Gebiet die Vertreter dieser Bevolkerungsschichten, die bereit sind, geaneinsam mit den Arbeitern gegen die Bour- geoisie vorzugehen, fur sich zu gewinnen vermocht. All das zusammen macht aus den heutigen Be- triebsraten Deutschlande etwas, das den Arbeiter- 43 raten der revolutionaren Zeit sehr nahe kommt. Das Organisationsschema der deutschen Betriebs- rate ist f olgendes : Betriebsnat, Arbeiterrat, Angestelltenrat. Der Betriebsrat ist die Summe zweier Teile: des Arbeiterrates und des Angestelltenrates. Selbst- verstandlich befindet sich die Hegemonie ausschliefi- licb in den Handen des ersteren, d. b. in den Han- den des Proletariats. Die Betriebsrate werden jetzt sowohl in vertikaler, als auch in horizontaler Rich- tung organisiert, d. h. sowohl nach dem Betriebs- prinzip als aucb nacb dem Territorial-Prinzip. Die deutschen'Arbeiter, die unter der Leitung der deut- scben Kommunistischen Bartei in 2000 Stadten Deutseblands die Mebrbeit der Betriebsrate erobert baben, arbeiten mit erstaunliebem Fleifi und Zahig- keit an der Organisation und Vervollkommnung des Betriebsratesystems. Wir sehen bereits . in ganz Deutschland eine gut gefiigte Organisation von Be- triebsraten nicht nur in jeder Stadt, sondern auch in Bezirken und der Provinz. Die Versuehe der Bour- geoisie und der deutschen Sozialdeimokraten, die Be- wegung der Betriebsrate illegal zu maehen, kommen zu spat. Vielleicht wird es diesen Herrschaf ten ge- Hngen, die oberste Leitung der Betriebsrate zeit- weilig zur illegalen Arbeit zu zwingen, niemals aber kann das mit der Bewegung der Betriebsrate selbst geschehen; denn in jeder Fabrik und in jedem Be- triebe, in jeder Werkstatt und bei den „aller- untersten Schichten", erfreuen sich die Betriebsrate der uneingeschrankten Unterstiitzung durch die Ar- 44 beitermassen und bilden darum eine Quelle uner- scb.opflicb.er Kraft. Im allgemeinen kann man sagen, dafi jene Funk- tionen, die bei uns in RuBland. zwischen Febrxiar und Oktober des Jabres 1917 von den Arbeiterraten und den' Betriebskomitees ausgefiihrt wurden, im jetzigen Deutschland von den Betriebsraten allein ausgettbt werden. In vielen Beziehungen sind das, im Grunde genommen, einf'ach Arbeiterrate. Und darin besteht die ungeheure Bedeutung der Be- wegung der Betriebsrate Deutschlands. Darin be- steht die allgemeine, internationale Bedeutung einer groBen Arbeiterbewegung in jedem Lande, so- bald die revolutionaxen Ereignisse heranreifen. In Deutschland sehen wir das Vorhandensein einer derartigen Betriebsratebewegung. Sie ist die wichtigste Voraussetzung des Erfolges der prole- tariscben Revolution. Die bloBe revolutionare Ge- sinnung der Arbeitenmiassen wiirde fur den Erfolg nicht geniigen, — damit die proletarische Revolution siegen und Fufi fassen kann, bedarf sie eines Organisationsgerustes. Sie inuB bereits vor dem ent- scheideniden Auf stand das organisatorische Geriist liefem, um welches herum das Gebaude der Sowjet- macht errichtet werden soil. Das Proletariat muB zuerst eine neue Massenorganieation hervorbringen, die in die tiefste Tiefe der Arbeitermassen eindringt, die bereits vor dem volligen Sieg des Proletariats in bedeutendem MaBe seine Lebensweise durch- dringt. Die heutigen Betriebsrate in Deutschland bilden eine derartige prolet'arische Massenorganisa- tion. Sie nehmen bereits jetzt in bedeutendem MaBe an der Regelung der wichtigsten Fragen tell, der 45 Nahrungsmittelfrage, der Beheizungsfrage, der Fnage des Arbeitslohns, der Bewaffnung der Arbei- ter usw. Darum werden sie-auch zum Haupthebel des vor unseren Augen heranrerfenden Umsturzes. Aus dem Schofie der heutigen Betriebsrate werden morgen, nach dem Sieg des Proletariats, emerseits die Arbeiterrate als Organe einer bereits unmittel- baren Regierungsgewalt der Arbeiter, anderseits die Betriebsrate, als Grundorgane von wirklich lebens- und kampffahigen Gewerkschaften entstehen, die der Sowjetmacht bei der Ubernabime der Produktion behilflich sein werden. Es ist kaum anzunehmen, dafi die deutsche Re- volution eine neue Form der Proletarierdiktatur nach der Eroberung der Macht hervorbringen wird. Die Form wird wohl die gleiche sein wie bei uns : Die Sowjetregierung. Keine „Rate in den Betrieben", d. h. keine trbergabe der Betriebe an Siemens und Halske oder der Kruppschen Werke an die Arbeiter dieser Betriebe mit uneingeschranktem Verfiigungs- recht, — sondern alle Macht den Sowjets, d. h. die Vbergabe der gesamten Produktion und der ganzen Macht des Landes in organisiertem nationalem Ma/i- stabe an die Arbeiterklasse — so lautet die Losung. Nieht die Macht den Betriebsraten, sondern die Macht den Raten. Soleher Art sind die Perspek- tiven, die sich dem Proletariat Deutsehlands eroffnen. • Wahrend der Vorbereitungsperiode entwickel- ten sich die Ereignisse in Deutschland ein wenig anders als in RuBland. Es ist der deutschen Sozial- demokratie gelungen, zeitweilig den Sowjetgedanken zu diskreditieren. Als in den Jahren 1918/19 die deutschen Sowjets in die Hande der Sozialdemokra- 46 tie fielen, setzte diese auf dem deutschen Reichs- ratekongrefi die Selbstauflosung und die frerwillige "Dbergabe der Regierung an die deutsche National- versammlung durch. Im Marz des Jahres 1921 kam zur Zeit des Aufstandes- der Minderheit der deut- schen Arbeiter der Sowjetgedanken zeitweilig wie- der zum Vorscbein. Aber infolge der Niederlage des Aufstandes wurde der Gedanke bald wieder auf- gegeben. Jetzt hat dieser grofie Gedanke alle Aus- sicht zu siegen. Die deutschen Arbeiter haben keine Ursache, ihre Betriebsrate jetzt vor dem Siege um- zuorganisieren. Sie haben keine Ursache, sogleich eine parallele Organisation zu bilden, da die be- stehende Organisation im Grunde alien Aufgaben der Zeit gerecht wird. Die Bauernrate miissen so- fort organisiert werden, denn nur unter besonders giinstigen Verhaltnissen haben die Bauern die Mog- lichkeit, sich den Betriebsraten anzuschliefien. Die Bauernrate waren in Deutschland bereits zur Zeit der Revolution im Jahre 1918 im Entstehen begrif- fen. Die gegenwartig vollkommen revolutionar ge- sinnten Landarbeiter miissen auf Bildung von Bauernraten dringen. Die revolutionaxen Betriebsrate haben in Wirk- lichkeit die gegenrevolution&ren Gewerkschaften von der Hauptszene der Arbeiterbewegung ver- drangt. Aus dem Schofle der Betriebsrate werden bald fest umrissene und vollkommene Arbeiterrate als Regierungsorgane entstehen. . Die nahende sieg- reiche Proletarierrevolution wird jeder ihrer Grund- organisationen die ihnen zukommende Rolle an- weisen: den revolutionaren Gewerkschaften, den revolutionaxen Betriebsraten und den Arbeiterraten. 47 V. Die innercn Schwierigkeiten der deutschen Revolution. Das gesamte gegenrevolutionare Lager rechnet jetzt darauf, dafi die deutschen Kommunisten, wenn sie zur Macht gelangt sein werden, sich nicht werden halten konnen und den Platz der faschistischen Bour- geoisie werden raumen mtissen. Eine Zeitlang war auoh unter den deutschen Kommiunisten die Meinung verbreitet, dafi es leicht sein wiirde, die Macht in Deutschland zu erobern, dafi aber die Bauptschwierigkeiten erst nach ; .der Eroberung der Macht beginnen wiirden. Dafi dem nicht ganz so ist, davon beginnen jetzt die weitesten Kreise der deutschen Kommunistischen Partei sich zu iiberzeugen. Gewi.fi werden die Schwierigkeiten nach der Eroberung der Macht nicht gering sein. Man darf sie nioht vergessen. Aber am meisten mul man jetzt on die Eroberung der Macht selbst denken. Diese ist durchaus nicht leicht und wird auch f erner- hin nicht leicht sein. Die faschistische Bourgeoisie hat gegen 600000 bis an die Zahne bewaffnete und zu allem bereite Leute in ihrem Lager. Es ist wohl wahr, dafi diese bewaffnete Macht der Gegenrevolution nicht die Sympathien der Massen hat, es fehlt ihnen der so- ziale Sauerstoff. Die aus vielen Millionen bestehen- - den Klassen werden auf der Seite der Kommunisten, 48 mm&Sm s&m |BIIbiiathek 1 Sislefeld ^ J "°— T"lTTTT-r—°™ M " MM ! und nicht >auf der Seite der Gegenrevolution sein. Aber wenn man sieh zum Entscheidungskampf riistet, darf man nieht vergessen, da£ der Erfolg- eines solchen Kampfes, durch das ungeheure t!rber- gewicht der Krafte im entscheidenden Augenblick und an entscheidender Stelle bestimmt wird. Die Geschichte des jiingsten Aufstandes in Bulgarien ist in dieser Hinsicht aufierordentlich lehrreich. Die Massen waren vollkommen auf der Seite der Auf- standischen. Nichtsdestoweniger bestimmte das ent- scbeidende Ubergewicht, das Ziankorw durch die ge- ringen, bis an die Zahne bewaffneten StoBtrupps erhielt, d&s Sehicksal des Aufetandes. Trotzdem ist es bereits jetzt angebracht, die inneren und auBeren Schwierigkeiten der deutschen Revolution nach ihrem Siege abzuwagen. Im Inneren des Landes bestehen die Haupt- sehwierigkeiten in folgendem: Die Verpflegungsschwierigkeiten. Der am besten organisierte, reiche Teil der deutschen Bauernschaf t . wird zweifellos im Verein mit den Gutsbesitzern der deutschen Sowjetregierung ernste Schwierigkeiten bereiten. Die Blockade des roten Sachsens, die be- reits jetzt eingesetzt hat, ist ein Vorgeachmack dessen, was wir am Tage nach der Unwalzung in grofiem Maflstabe erleben werden. Es folgen die wirtsehaftlichen Schwierigkeiten, der Kohlenmangel, die Betriebsstillegungen usw. Ferner die Arbeitslosigkeit. Sodann die innere Gegenrevolution die Fa- schisten, die Kornilo-w-Leute, die Vendee-Bezirke (Bayern), die franzosenfreundlichen reaktionaren 4 49 Separatisten, die Uberreste der gegenrevolutiona- ren Sozialdemokratie, das GroBbauernelement usw. Und schlieBlich die finanziellen Schwierigkeiten. Die Sowjetregierung RuBlands hat vom Zarismus und der Koalitioneregierung einen Goldfonds ge- erbt, der u. a. 1400 Millionen Goldrubel betrug, und uch nocli das -sreiB© Deubschland, zusammen mit diesen Sfcaaien und den ixn Auslande lebenden und dem Kommando des Generals Wrangel und Nikolai- Nikolaijewltschs unterstehenden russischen weiBen Offiziere gegen die russischen Arbeiter und Bauern su werfen. Dann -ware fur sie das Spiel gswonnen. Der Sieg der europaischen Bourgeoisie iiber die deutsche proletariseh© Revolution wird not- wendigerweise den Kampf der russischen Gegen- revolution gegen die russischen Arbeiter und Bauern beieben. Wenn es Nikolai-Nikolaijewitseb und Wrangel tatsachlich gelingen -wurde, unter- stiitzt von einer inter nationalen Intervention, in unser Arbeiter- und Bauemiand einzudringen, so wtlrde das bedeuten, dafi die Macht der Gutsbesitzer ■wieder bergestellt, daB dee Bauern das Land wieder fortgenommea tnsfi' fieo. „ges©fa;lle!iea u Besitzem zu- riiekgegeben warden wflrde, dal Generatlonem russi- seher Arbeitar und Bauera geKwungen- sein wiirden, die Schulden dee !J5&ren zn beaaMen, dafi die •weiS- gardistischen Offizier© Yersuehen -wiirden, ©ine neu© weifie Bauernarme© xu schaHein uikl si© zum Rrieg gegen die europaisdben Arbeiter au zwingea. Diese. sehr wenig komplizierte Mechanik den Mllionen Ar- beitern und B&uera unseres ganzea Verbandes der . Sowjetrepubliken Maraumaehen — &&& ist die wesentliehe Grundauf gab©, des Tages. Und was kann der Sieg der deutsehen prole- tarischen Bsvolution den Arbeitem und Bauera. unseres Sowjetverbandes geben? ■ Der Gedanke des Biindnisse® swischen Deutsehland und SowjetruBland ist schon heute in Deutschland aufierst popular und hat Millionen von Anh&ngern. Das prole tarisch© Deutschland "wiirde vom ersten Tag seiner Existent an das engste Btindnis mit ScwjetyuBlaM schliefien. Dieses Biind- nis konnte unberecbenbar© Vorteile fur die werk- tatigen Massen Deutschlands me aueh unseres Sowjet verbandes bringen. SowjetruSland mit seiner vorwiegend landlicbea Wirtscbaft and Deutsch- land mit seiner vorwtegenden Industrie ergansen einander auf das beste. Das Btindnis zwischen Sowjetdeutschland und SowjetruBland wiirde eine gewaltige wirtschaftliche Kraft bilden. Ein solehes Btindnis hatte alle wirtsehaftlioben Quellen zu seiner Verfiigung,.die zum Gedeihan sowohl Sowjet- deutschlands vie SowjetruBIands notwendig sind, von Jeder Art von Robstoffen an bis %u den modemsten und letzten Erzeugnissen der Industrieteehnik. Die 95 Landwirtsehaft SowjetruBlands wiirde von einem solchen Biindnis ungeheuer profitieren, denn unser Dorf wiirde unter giinstigen Bedingungen die notwen- digen landwirtschaftlichen Maschinen, Kunstdunger usw. ©rhalten. Die GroSindustrie Deutschlands wiirde nicht minder "gewinnen, denn sie •wiirde in hohem Grade mit Rohstoffen imd Absatzmaxkten versorgt sein. Das Biindnis mit einer siegreiohen proleta- rischen deutsehen Revolution kann schnell nnd radikal die gefahrliehen Seiten unseres „Nep" un- sch&dlich maehen. Das Biindnis eines proletarischen Deutschland mit SowjetruBland wiirde eine neue Phase des Nep schaffen, wiirde die Entwicklung unserer Staatsindustrie beschleunigen und befesti- gen und wiirde die Tendenzen der neuen Bourgeoisie zur Besetzung der Heirschaft in der Wirtschaft unseres Sowjetvcrbandes an derWurzel absohneiden. Ein solohes Biindnis wiirde aucb in hohem Grade die Hebung des -Kulturniveaus in den breite- sten Schichten der Bevolkerung beider Lander be- schleunigen. Dieses Biindnis hatte unzahlige Folgen des Fortschritts auf alien Gebieten des offentlichen Lebens nicht nur fur beide Lander, sondern fiir die ganze Welt. Deshalb mu£ das Schicksal der deutsehen Revo- lution so stark die Arbeiter und Bauern des ganzen Bundes der Sozialistischen Sowjetrepubliken inter- essieren. 9« X. Keine IUusionen. Die deutsclie Revolution trltt in ihr raubestes Stadium em. Die Hoffnungen auf die Moglicnkeit einer friedlichen Losung der Krisis sind nach der Streikbewegung im August (1923) verschwunden. Aber eine Illusion war noob. unter den deutschen Arbeitern lebendig: die Hoffnung darauf, daB wenig- stens die linke SPD. auf derselben Seite der Barri- kade wie das k&mpfende Proletariat sein wird, gegen die Bourgeoisie. Der Sinn der wahrend der letzten Wochen durchlebten Etappe besteht darin, daft auch diese Illusion jetzt "wie Spreu zerstreut ist. Die letzten Ereignisse mtissen jedermann die Augen offnen. Der. weifigardistisch - fasehistische Diktator Kahr besetzt Bayern. Wie antwortet darauf die offizielle deuts'ehe Sozialdemokratie? Mit eigenen Handen iibergibt sie Regierung und Diktatur an die weifien Generate im ganzen iibrigen Deutschland. Dafiir ist die Taktik Sacbsen gegeniiber ganz anders. Hier gelingt, es den Arbeitern zum ersten- mal, trotz des grofiten Widerstandes der Flihrer, eine schwachliebe „Arbeiter"-Regierung zu bilden. Wie reagiert darauf die offizielle deutsehe Sozial- demokratie? Der Sozialdemokrat Ebert erteilt dem biirgerlicben Minis terprasidenten Stresemann unci dem weifien General Miiller alle erforderlichen Voll- 7 . 97 maehten. Der General Seeekt, der mit den Sozial- demokraten zusammea in der Koalitionsregierung sitzt, konzentriert 80000 Mann "weiBgardistischer Reichswehrtruppen und "wirft sie gegen Sachsen. Der Berliner Vorsitzende des Eisenbahnerverbandes, Scheffel, „erklart" den Eisenbahnern, daB die Truppen ja gar nicht gegen Sachsen, sondern gegen Bayern marscbieren, und ergreift alle MaBnahmen, urn auch die geringsten Hindernisse fiir den Trans- port der gegenrevolutionaren Truppen nach Sachsen aus dem Wege zu raumen. Als die Truppen bereits in Sachsen sind, als die Gegenrevolution scbon die Hand an die Gurgel des sachsischen Proletariats legt, kommen die Sozial- demokraten Dittmann und Hilferding nacb Sacbsen gefabren, urn „Unterhandlungen" mit Zeigner zu fiibren, der aueb Sozialdemokrat 1st. Als am 21. Oktobe-r in Chemnitz in der Kon- ferenz der Betriebsrate die Kommunisten, -welehe die Falle voraussahen, vorschlagen, sofort den Generalstreik zu erklaren, da sabotieren die „linken" Sozialdemokraten mit Zeigner „selbst" an der Spitze diesen Vorschlag und machen damit- end- giilMg den Weg frei Mr den General Seeekt. Als endlich die Angelegenheit erledigt 1st und die sachsische Arbeiterregierung auseinanderge trie- ben ist, tritt an die Stelle des Sozialdemokraten Zeigner als Oberbaupt der „neuen" sachsischen Re- gierung auch ein Mitglied der Sozialdemokratischen Parte!, Felliscb, und es wird noch der alte SPD.- Biirokrat Lipinski dazugetan. Als die emporten Arbeiter Delegationen zum ADGB. schicken, aimimf der an der Spitze iieser ©hrenwerten Einrichtung stehende Leipart, auch ein Sozialdemokrat, die Delegationen auf das hof- lichste auf und „erklart" ihnen umstandlieh 4 dal die Gewerkschaf ten sich in die Politik nieht ©inmischen konnen (wenn sie die Faschisten unterstiitzen und Stresemann dazu, dann'heiB't das wohl nieht: sick in die Politik einmischen). Als die Berliner SPD.-Organisation verlangt, dafi das Zentralorgan der Partei, der „Vorwarts", aus einer gelben Zeitung zu einer roten wird, da versammeln sich die rechten und die „linken" Fiihrer der SPD. und fassen den weisen BesehluB: die Morgenausgabe des „Vorwarts" wird, wie friiner, von den Rechten redigiert werden, die Abendaus- gabe aber von den Linken. Mi't andern Worten: morgens wird das Zentralorgan der Partei die Bour- geoisie und die weifien Generale of fen vertei- digen, und abends wird das mit gewissen XJm- sehweifen geschehen. In Hamburg haben die Arbeiter wie Lowen ge- kampft. Eine betrachtliehe AnzaM der SPD.-Ar- beiter hat sieh an den Kampfen gegen die Bourgeoi- sie mit demselben Heldenmut beteiligt wie unsere kommunistischen Arbeiter. Die Fiihrer der SPD. haben der Gegenrevolution geholfen, die Bewegung in Hamburg im Blute zu ersticken, und der sozial- demokratische President Ebert hat demonstrativ die Hamfourger Polizei fiir die Zahmung der Arbeiter beloihnt. Dieselbe „Geste" haben sogleich daraui die sozialdemokratischen Senatoren des Hamburger Parlaments wiederholt. Kannman grofiere Klarheit schaffen? 7* 99 Ebert, Noske, Wels, Severing, Zeigner, Paul Levi, Crispien, Rosenfeld, Fellisch, Leipart, Li- pinski — alios da, was nur verlangt wird! Eine leine Galerie von feinen Typen! Eine prachtige Arbeitsteilung. . . Einen schandlicheren Verrat ' hat das Inter- nationale Proletariat Mslang nicht gesehen. Eins der wiehtigsten Probleme, bei welehem es noch Unklarheiten gab, 1st das Problem des Verhalt- nisses zur Sozialdemokratie, insfeesondere zur sog. „1 i n k e n" Sozialdemokratie. Wie sehr wir aucfa. durch die ungeheuerlichen Verratereien der Herren Sozialdemokraten belehrt sind (es geniigt das noch junge bulgarische Beispiel und das jetzige deutsche), so sind wir do eh noch aus Tragheit ge- wohnt, die Sozialdemokratie fitr eine Arbeiterpartei zu halten, sehatzen wir immer noch nicht geniigend ihr gegenrevolutionares Wesen ein. Aber die jefczigen deutsehen Lehren miissen geniigen, am ein fur allemal die deutsehen Kommunisten und uns alle von Illusionen in dieser Riehtung zu heilen. Die Hauptkrafte der deutsehen Arbeiter haben an den Kampfen noch nicht teilgenommen ; die viele Millionen starken Truppen des deutsehen Prole-, tariats sind noch nicht in den Kampf gefuhrt worden. Die Aktionen der Arbeiter einzelner Stadte, die haufig gegen den Willen der KPD. vor sieh gingen, zeugen nur davon, wie erhitzt die Atmo- sphare ist. Das dringende Bediirfnis der Arbeiter, sich zu bewaffnen, erhalt erst jetzt Massencharakter. Die Entseheidungskampfe werden fur einige Zeit verschoben. Aber sie kommen unausweichlich. Je 100 mebr Illusionen der Durebsebnittsarbeiter wabrend dieser Zeit verliert, desto besser 1st das fur die Re- volution. Die politisebe Hauptaufgabe unserer Tage besteht darin, endgiiltig den EinfluB der SPD. zu liquidieren, der recbten wie der „linken", und damit den Weg fur den Sieg der Arbeiter freizumacben. Die SPD. bat den Fascbisten den Weg frei- gemacht zuf „friedlieben" Macbteroberung. Die Fascbisten braueben jetzt mit Hilfe der SPD. „nur" Hunderte von Arbeitern der grofiten proletariscben £entren totzuseblagen. Aber Deutscbland ist nicbt Italien. Der deutsche Fasehismus wird, auob wenn er von der SPD. unterstiitzt wird, die elementaren, unaufscbiebbaren Aufgaben, die vor Deutschland steben, nicbt losen konnen. Die internationale Lage Deutschlands bat sich nicbt verbessert, weil die „patriotische" Bourgeoisie und die Sozialdemokratie Herrn Poincare die „unabhangige" Rbeinrepublik in die Hande gespielt baben. Der internationale Knoten wird ianmer unentwirrbarer. Die wirtscbait- liehe Lage Deutscblands bat sieb nicbt verbessert, sondera verscblechtert und wird von Tag zu Tag schlecbter werden. Die Grundfaktoren dear Revo- lution wirken immer weiter. Das deutscbe Prole- tariat wird starker werden, wenn es seine letfz- ten Illusionen verloren bat. Der Kern des deutscben Proletariats, Millionen und Abermillionen von Ar- beitern, wird jetzt versteben, was friiher nur die Avantgarde verstand: daB der Entscheidungs- kampf mogliob ist nur t r o t z der gegenrevolutio- naren Fiibrer der SPD. tend gegen sie, daB die recbten Fiihrer der SPD. die scblimmsten Agenten der biirgerlichen Konterrevolution sind und di^ 101 „linken" Fuhrer der SPD. nur em Anhangsel von rechts. Wieviel Zeit nofcwendig sein wird, damit die Massen die politische Erfahrung der letzten Wochen verdauen, ist schwer vorauszusagen, aber die Krisis ist so scharf geworden, dafi die Entwicklung mit verbliiffender Geschwindigkeit vor sich geht. Und die Losung „Arbeiterregierung" (oder „At; beiter- und Bauernregierung")? Welches Lichl wirft das saehsische Experiment auf diese Losung? „Bei all ihren gro£en Vorzugen birgt die Losung der Arbeiterregierung, wie iibrigens die ganze Taktik der Einheitsfront, aueh ihre Gefahren in sioh. Um diesen Gefahren zu entgehen, um sehon jetzt gegen die IUusio- nen einer angeblich unaus-weichlichen Etappe, einer ,demokratischen Koalition' anzu- kampfen, mussen die kommunistischen Par- teien folgendes im Auge behalten: jede bur- gerliche Regierung ist gleicbzeitig auob eine kapitalistische Regierung, aber niebt jede Ar- beiterregierung ist tatsachlich eine proleta- riscbe sozialistische Regierung." So sagte der vierte Weltkongrefi der Kommu- nistischen Internationale in seiner Resolution iiber die Arbeiterregierung. Das sachsisehe Experiment hat diese Worte vollauf bestatigt. In derselben Resolution des vierten Kongresses lesen wir f erner : „Die Kommunistische Internationale mufi mit den folgenden Mogliohkeiten rechnen: 102 1. Liberals Arbeiterregierung. Eine solche Regierung existierte in Austra- lien. Eine solche Regierung kann aucb in nach- ster Zukunft in England entstehen. 2. Sozialdemokratische „Arbeiterregierung" (Deutschland). 3. Arbeiter- nnd Bauernregierung. Eine solche Moglichkeit ist auf dem Balkan, in der Tschechoslowakei usw. vorhanden. 4. Sozialdemokratisch-kommunistische Koa- li tionsr egier ung. 5. Wirkliche proletarische Arbeiterregierung, die in ihrer reinen Form nur durch die KP. ver- wirklicht werden kann." Tn Sachsen hatten wir den 4. Typus der ,. Arbeiter- regierung" vor uns, und dabci nur im ProvinzmaB- stab bei aufiorordentlich komplizierter Saehlage. ,JDie elemcntarsten Aufgaben der Ar- beiterregierung mussen besteben: erstens in der Bewaffnung des Proletariats, zweitens in der Entwaffnung der biirgerliehen gegenvevo- lutionaren Organisationen, drittens in der Einfiihrung der Kontrolle der Produktion, viertens in der Abwalzung der hauptsach- lichen Steuerlasten auf die besitzenden Klassen und fiinftens in der Brecbung des Widerstandes der gegenrevolutionaren Bour- geoisie." Alle diese vorlaufigen Aufgaben, welche die- selbe Resolution des vierten Weltkongresses vor- sieht, hat die sachsische „Arbeiter"-Regierung nicht 103 ausfuhren konnen. Die Sozialdemokratie hat alles getan, um es zu verhindern. Deshalb ist sie aueh zugrunde gegangen. Und trotzdem brauehen die deutschen Kommu- nisten nicht liber das sachsische Experiment Reue zu baben. Bei der Sacblage, die sieh ergeben bat, konnten und durften die deutschen Kommunisten die Teilnahme an der saehsischen Eegierung nicht ablehhen. Sie mufiten zeigen und baben alien ehr- lichen SPD.-Arbeitern gezeigt, dafi sie sogar in der Minderheit mit den Sozialdemokraten zu gehen b e r e i t sind, wenn diese nur gewillt sind zur Er- fiillung ihrer elementarsten Pflichten der Arbeiter- klasse gegenuber. Der Bankerott der saehsischen „Arbeiter"-Regierung ist vor allem der Bankerott der „linken" Sozialdemokratie. • Je schneller, desto besser! Die Losung der Arbeiter- und Bauernregierung bleibt richtig. Die Gestalt der SPD. bleibt die alte: offene gegenrevolutionare Henker (die Rechte) und ein kraftloses Anhangsel, wie die Leute von der „Nowaja Shisn" 1917 in Rufiland (die Linke). „Die vollendete Diktatur des Proletariats ist nur die wirkliche Arbeiterregierung (Typus 5), die aus Kommunisten besteht", so heifit der SchluBteil der Resolution des 4. Weltkongresses der K. I. in der Frage der Arbeiterregierung. Diese Worte •werden jetzt viele Millionen der deutschen Arbeiter- klasse der Kommunistischen Internationale naoh- sprechen. Trotz allem wird das deutsche Proleta- riat noch triumphieren. Der Moment der Ent- seheidungskiimpfe ist nicht fern. 104 Naehwort;'' . Die Ereignisse jagen einander mit so schwindel- erregender Sebnelligkeit, da£, ebe noch die Tinte des Manuskriptes getroeknet ist, man bereits neue Tat- saeben von ungebeurer Wicbtigkeit bewerten mxiB. Wir konnen in Tinserer Broscbiixe einige sebr -wieb- tige Lehren der leteten Wocben; niebt xmerwabnt lassen. Die s&chsische Erfahrung: Der Eintritt der Kommunisten in die sacbsisohe Kegierung war ge- dacbt als militarisch-politiscbe Episode, mit dem Zweck, fur die kampfende proletarische Avantgarde einen Stiitzpunkt zn sebaffen. Dieses Ziel ist niebt erreicbt worden. Die ganze Episode begann einer ba- nalen parlamentariscben Zxisammenarbeit der Kom- mnnisten mit den sogenannten „]inken" Sozdaldemo- kratenzu ahneln. Um diesen Versucb erfolgreieb zu gestalten, hafcte man sofort e&nige Zebntausende Ar- beiter bewaffnen miissen. Man batte die. Frage der Nationalisierung der Groiiindnstrie anf die Tagesord- niing setzen miissen. Man batte die Fabrikanten ver- ■ balten miissen, die die Arbeiter aussperren. Man hatte sofort die Sobaffung von Arbeiterraten in Angriff nebmeii miissen. Sofern aber die sogenannte „linke" SoziaMemokratie sieb dem widersetzte, batten wir von den ersten Scbritten unserer Tatigkeit .an, diese cba- rakferlosen Schmocks erbarmungslos an den Pranger stellen miissen. Das alles gesehah nicht. Und darin besteht der grofie Fehler der Parte!. Es bleibt jetzt mux noch iibr&g, den saehsisohen Versuoh dazu aus- zuiiiiitzefn, dias "vmhre Wasen der liaken Sozdaldemo- kratie endguMig zu ©atlarven. Die Taktik der Einheitsfront. Sie ist offen- kundig in eine neue Phase eingetreten. Anf diesem Gebiete einfaoh alte Binsenrwahxheiten wiederholen, hiefie die Partei in neue politisehe Niederiagen hinein- zerren. Es ist die Zedt gekommen, da unsere Partei offen erklaren muB: irix verzichten auf jegliche Ver- handlungen mit dem Zentralkomitee der Deutschen Sozialdemokratie tind mit der Zentr&lleitung der Deut- schen Gewerksehaften. Wir haben mit den Ver- tretern der Bourgeoisie iiber ndchts zu reden. Die Herren Ebert, Wels, Severing, Lieipart sind ja nicbts anderes als Vertreter der konterrevolutionaren Bour- geoisie. Einheit von unten herauf — das ist unsere Losumg. Die Einheitsfront ist bereits in bedeutendem Mafie von unten ■ heraraf verwirklioht und laBt sich aueh nur gegen die genannten Herren verwirklichen. Das Verhaltnis zu den „Unken" Sozialdemo- kraten. Wenn Genosse Lenin gegenwartig in Deutschiand tatig ware, so wiirde er z-yreifellos sagen, daB dieTIauptfeinde der proletarisohen Revolution im gegenwartigen Entwicklungsstadium gerade die Fiihrer der „linken" Sozialdemokraten sind- Wie in den Jahren der Krise des Sozialismus (1914 — 1918) das KautsManertum der Hauptfeind des revolutionaren Marxismus war, so ist auch gegemwartig der Haupt- feind der Revolution in Deutschiand die „linke" So- 106 zialdemokratie, die die schmahliehe Geschiehte der Unabhangigen wiederholt. Die rechten Sozialdemo- kraten sind offenkundige Verrater. Die Arbeiter- klasse ist von ihnen abgeriiekt und wird von ihnen endgtilMg abriicken. Die ,,linken" Sozialdemokraten dagegen decken durch ihre Phrasen nur die konter- revolutionare Arbeit der Ebert, Noske und Severing. Unsere Partei nraJJ kategorisch erklaren, daB sie auf jegliche Verhandlungen mit den Fiihrern der „linken" Sozialdemokraten verziehte, solange diese Helden nictot wenigstens dem Mut finden, mit der kontex? revalutiomaren Clique der Ebert und Go. zu breohen. Lokale Verhandlungen sind moglich und not- wendig, denn in den ortlichen sozialdemokratischen Organisationen sehen wir einen gewissen Teil ehr- licher Arbeiter, die gegen die Bourgeoisie kampfen wollen. Wir sind fur eine ehrliehe Koalition mit jenen Arbeitern, die einen Bruch mit der konterrevo- lutionaren Sozialdemokratie wollen. Die Hamburger Erfahrung. Ihre Schattenseite besteht darin, daB sie die organisatorisenen Mangel unserer Partei erbaravungslos aufdeckte und deutlich hervorhob, daB vorlaufig noeh eine elementare tech- nische Ausbildung nicbt vorhanden ist Zugleich hat Hamburg gezeigt, wie reif die Situation fiir ent- schiedene Aktionen geworden ist. Hamburg hat ge- zeigt, daB die Sympathie bedeutender Sehichten der Kleinbourgeoisie fur das revolutionare Proletariat ge- sichert iet. Hamburg hat gezeigt, dafi die kommunista- sehen Arbeiter wie Lowen zu kampfen verstehen und dafi bei entspreehender politiseher und teehniseher Ausbildung der Erfolg keinem Zweifel unterliegen kann. 107 Die Losung der Schaffung von Arbeiterr&ten. Auf traurige Gedanken bringt uns die Tatsache, daB in den Tagen des Bestehens der Arbeiterregierung in Sachsen niemand von den Kommunisten an die Schaffung von Eaten audi nur gedaeht hat. Aueh in Hamburg hat vor der Aktion niemand an die Schaffung von Eaten gedaeht. Wir seben keine Propaganda des Eategedainikens. Dieses VeTsaumniB birgt Niedierlageaa in sieh. Es ist Zeit, es ist langst Zeit, eine umfassende Propaganda fur die Schaffung von Eaten in die Wege zu leiten. Das bedeutet nieht, daB jeder beliebige Mo- ment praktiseh fiir die Schaffung von Eaten geeignet sei. Es ist irar dann angebraeht, Eate zu sehaffen, wenn die Bewegung ihren Hohepunkt erreicht hat. Doch ist es gamz unumganglich, eine ebenso um- fassende Propaganda des Eategedankens zu beginnen, wie wir sie fiir die Idee des Generalstreiks begonnen haben. Die Diktatur des Proletariats in Form der Rtitemacht ist das A und unserer Agitation fur die naehste und entscheidende Periode. Die Einheit der Partei. Die proletarisebe Ee- volution ist in Deutsohland unvermeidlieh. Die Haupt- faktoren, die Deutschland vor die Unvermeidlichkeit dieser Eevolution. gestellt haben, wirken fort Wenn selbst die Faschisten in ganz Deutschland die Maeht ergreifen werdien, so werden sie sich nur sehr kurze Zeit mit Hilf e des WeiBen Terrors halten. Die iibrig- bleibeinde Zeit mufi for fieberhaf te teohndsche und po- litische Ausbildung ausgenutzt •werden. Nur eines konate der deutschen Eevolution zum Verderben ge- reichen — Uneinigkeit in den Eeihen der Kommuni- stischen Partei.. Teilweise MiBerfolge und Nieder- lagen vergroBern unvermeidlieh die Eeibungen in den . 108 '■'II 1 Eeihen der Partei. Aber wirklich cbarakterfeste Re- volutionare uud bemifite KommiHiisten werden einen soleben Moment niemals als geeignet betracbten, ma innerbalb der Parted abzTjrecbnen. Die Einbeit inner- balb der KPD. mufl unter alien Umstanden gesichert ■werden. Alles ubrige wird sich von selbst ergeben. 109 -^^5^1 pniuiiiiiuwiiiuiisiiuiiM 1 4 | SCHRIFTEN VON G. SINOWJEW: j 1 Ges<~hichte der Kommunistischen Partei 1 1 RufMands (Bolschewiki) | H 360 Seiten init 6 IDifttr*tioaen gf §j Die Rolle der Kommunistischen Partei in §f j} der proletarischen Revolution . » Seiten I 1 DieWeltrevoIutionunddieDritt^Kommu- | S nistische Internationale .... 68 Seiten § ZwSlf Tage in Deutschland . . 91 Seiten j Die KSmpfe der Kommunistischen Inter- | nationals 10* Seiten I Die Taktik der Kommunistischen Inter- I natiorale . . 77 Seiten §j DieKommunistischelnternationaleunddie | proletarische Einheitsfront . . 64 Seiten jj Die Kommunisttsche Internationale auf 1 dem Vormarsch 207 Seiten 1 VomWerdegang unserer Partei . 32 Seiten §j Der Auffaau der Vclkswirtschaft und die | Sowjetmacht 102 Seiten fi ^TlUlfUl LJ